Finanzierung:
Planungs- und
Verfahrenskosten sind vom Vorhabenträger zu übernehmen.
Sachdarstellung:
Der Verwaltung liegt ein konkreter Projektantrag für die Errichtung eines
Solarparks im Bereich Heuerweg/Brombeerweg in Jeddeloh I vor. Der Antrag samt
Projektbeschreibung, Lageplan und Berechnungen ist der Anlage Nr. 1 zu
entnehmen.
Ausgangslage
Solarparks im Außenbereich fallen in der Regel nicht unter die
privilegierten Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 BauGB und sind insbesondere aufgrund
ihrer Größe und Wirkungen auf das Landschaftsbild und die sonstigen
außenbereichsstypischen Strukturen nicht als sonstige Vorhaben gemäß § 35 Abs.
2 BauGB zulässig.
Anders verhält es sich seit Anfang des Jahres aufgrund einer aktuellen
Änderung des Baugesetzbuches lediglich bei Vorhaben auf Flächen von bis zu 200
m Entfernung längs von Autobahnen oder überregionalen Schienenwegen mit zwei
Hauptgleisen (§ 35 Abs. Nr. 8 b) BauGB). Nur derartige Vorhaben genießen eine
planungsrechtliche Privilegierung und müssen lediglich ein
Baugenehmigungsverfahren beim Landkreis durchlaufen. Hierunter fällt im Übrigen
die aktuell in der Berichterstattung genannte Anlage, die zwischen Woldsee und
A 28 in der Gemeinde Bad Zwischenahn entstehen soll.
Alle anderen (und damit alle in der Gemeinde Edewecht eventuell geplanten
Solarparks) bedürfen somit für die Verwirklichung im Außenbereich einer
Bauleitplanung (Änderung des Flächennutzungsplanes und Aufstellung eines
Bebauungsplanes), also einer aktiven Planung der Gemeinde.
Aufgrund der klimaschützenden Zielsetzungen der Gemeinde und der
Herausforderungen der Energiewende, auch in der Gemeinde Edewecht einen
nennenswerten Beitrag zur Erzeugung erneuerbarer Energie zu leisten, wurde
bekanntlich zur Thematik der Freiflächenphotovoltaik ein Gesamträumliches
Konzept erarbeitet. Dieses „Gesamträumliche Konzept Freiland Photovoltaik“
konnte vom Rat in seiner letzten Sitzung beschlossen werden.
In dem Konzept wurden Bereiche (Cluster) im planungsrechtlichen
Außenbereich identifiziert, die im Falle konkreter Projektanträge – Kriterien
basiert – objektiv vorzugswürdig für eine Bauleitplanung zur Ausweisung von
Sondergebieten „Freiflächen-Photovoltaik“ geöffnet werden könnten.
Im Zuge der Beratungen wurden auch Planungsempfehlungen zum Umgang mit
Projektanträgen erarbeitet. Auf Grundlage dieses Leitfadens soll die Verwaltung
in die Lage versetzt werden, eine Filterung nach vorlagewürdigen
Projektanträgen vornehmen zu können. Das so entwickelte Prüfschema ist als Anlage
Nr. 2 beigefügt.
Wie dem Prüfschema zu entnehmen ist, haben Projektanfragen innerhalb
eines Clusters grundsätzlich geringere Hürden zu überwinden um für eine
Gremienberatung in Frage zu kommen, als diejenigen Anfragen in Bezug auf
Flächen außerhalb der Cluster. Gleichwohl haben einerseits auch Projektanfragen
innerhalb eines Clusters „Muss-Vorgaben“ zu erfüllen. Andererseits
sollen bei nachweislichem Vorliegen besonderer Qualitäten auch Anfragen außerhalb
der Cluster im Ausnahmefall die Chance haben, sich als vorlagewürdig zu
erweisen.
Planungsempfehlungen
Grundvoraussetzung für alle
Vorhaben: Agrarstrukturelle Unbedenklichkeit
Grundlegendes zu erfüllendes Kriterium für alle Projektanfragen ist
zunächst, dass der Projektträger die agrarstrukturelle Unbedenklichkeit seines
Vorhabens nachweisen kann. Hierbei geht es insbesondere um den Nachweis, dass
durch die Entnahme der Projektfläche aus der bisherigen landwirtschaftlichen
Nutzung keine nachteiligen Folgen für die Landwirtschaft vor Ort zu befürchten
sind. Diese könnten zum Beispiel eintreten, wenn durch das Projekt in
Pachtverhältnisse derart eingegriffen wird, dass aktiven Landwirten in
kritischem Umfang Wirtschaftsflächen entzogen werden.
Diese landwirtschaftsfachliche Prüfung liegt in der Zuständigkeit der
Landwirtschaftskammer, weshalb jeder Projektträger von dort die Prüfung und
Bestätigung der agrarstrukturellen Unbedenklichkeit nachgewiesen bekommen muss.
Zusatzvoraussetzungen für
Vorhaben außerhalb eines Clusters:
a) Darlegung
einer nur geringfügigen Kriterienabweichung
Projektanfragen außerhalb eines Clusters
können dann näher geprüft werden, wenn der Ausschluss aus einem Cluster
lediglich darauf beruht, dass nur eine marginale Kriterienabweichung
nachgewiesen werden kann. Dies kann der Fall sein wenn z. B. nur ein Kriterium
wertmäßig geringfügig überschritten wird oder eine Kriterienverletzung die zum
Clusterausschluss geführt hat im Einzelfall nachweislich heilbar ist.
b)
Darstellung der besonderen Qualität des
Projektes
Hier kommen Eigenschaften des Projektes in
Frage, die eine mit der Projektplanung über das üblicherweise zu verlangende
Maß an z. B. ökologischer Aufwertung erzielt werden können.
Um hier vergleichbare und auf alle
Fallgestaltungen übertragbare Maßstäbe ansetzen zu können, kann dieser Aspekt
dann als erfüllt betrachtet werden, wenn das außerhalb des Clusters angestrebte
Projekt im Vergleich zu einer klassischen innerhalb eines Clusters liegenden
Projektplanung, die ebenfalls eine umfassende Einbindung in das Landschaftsbild
leistet, nach dem Bewertungsmodell des Nds. Städtetages zu einer um 25 %
höheren Aufwertungsquote führt.
Zur Erläuterung: Selbst durch einen
„klassisch“ geplanten Solarpark auf einer bislang intensiv genutzten
landwirtschaftlichen Fläche wird die Eingriffsbilanzierung im Zuge des
Bauleitplanverfahrens eine rechnerische Aufwertung der Fläche ergeben
(Wertpunkteüberschuss). Das resultiert daraus, dass durch die Solarparknutzung
in aller Regel eine Extensivierung der Fläche einhergeht (z. B. von intensiver
Ackernutzung auf extensives Grünland). Um hier gegenüber von Projekten
innerhalb von Clustern in angemessenem Umfang höhere Anforderungen zu
definieren, haben Vorhaben außerhalb von Clusterflächen den ohnehin
entstehenden Wertpunkteüberschuss durch weitere Aufwertungsbemühungen um 25 %
zu steigern.
Auch die Vorbelastung bzw.
räumlich/funktionale Angliederung an bestehende Strukturen können für eine
ausnahmsweise Weiterverfolgung des Projektes sprechen, obwohl eine Lage
außerhalb eines Clusters vorliegt.
Vorprüfung Projektantrag „Solarpark Brombeerweg“ in Jeddeloh I
Der vom Landwirtschaftsbetrieb Heuerweg 1 in Jeddeloh I vorliegende Antrag
hat dieser zusammen mit der Projektentwicklungsfirma Greenovative GmbH,
Nürnberg, erarbeitet.
Dem als Anlage Nr. 3 beiliegenden Übersichtsplan der
Clusterflächen ist zu entnehmen, dass die Projektfläche außerhalb eines der
Cluster des Gesamträumlichen Konzeptes liegt und somit nur im Ausnahmefall
weiterverfolgt werden kann. Dafür muss das Vorhaben die oben beschriebenen
Voraussetzungen erfüllen können.
a) Agrarstrukturelle
Unbedenklichkeit:
Die Projektflächen stehen sämtlich im
Eigentum des Landwirts. Sie wurden durchgängig selbst bewirtschaftet. Eine
Verpachtung der Flächen an andere Landwirte hat zu keiner Zeit stattgefunden.
Auch nach Umsetzung des Vorhabens wird der landwirtschaftliche Betrieb
fortgeführt.
Ein nachteiliger Eingriff in die Agrarstruktur
kann somit bereits anhand dieser Ausgangslage ausgeschlossen werden.
Dennoch ist vom Antragsteller über die
Landwirtschaftskammer das förmliche Attest als Bestätigung der
agrarstrukturellen Unbedenklichkeit einzuholen.
b) Darlegung
einer nur geringfügigen Kriterienabweichung:
Von der Verwaltung wurde eine Analyse der
betroffenen Kriterien vorgenommen, die einer Darstellung als Cluster-Fläche
entgegenstehen. Hierbei konnte festgestellt werden, dass zum einen die in der
Freiraumanalyse eingestellten Abstandsparameter zu überregionalen
Versorgungsleitungen als Ausschlusskriterium auf der Fläche liegt. Es handelt
sich hierbei um die das Gemeindegebiet von West nach Ost kreuzende
Erdgashochdruckleitung der Gasunie-Deutschland. Im Wege einer konkreten
räumlichen und technischen Abstimmung des Vorhabens mit dem
Leitungsnetzbetreiber konnte der Vorhabenträger dieses Ausschlusskriterium
ausräumen bzw. sein Vorhaben an die Anforderungen der Gasunie anpassen.
Zum anderen musste allerdings festgestellt werden,
dass die Aussagen des Regionalen Raumordnungsprogramms des Landkreises
Ammerland von 1996 (RROP 1996) in formaler Hinsicht im Zuge der Freiraumanalyse
zu einem Ausschluss der Fläche als Solarcluster geführt hat.
Das entgegenstehende raumordnerische Ziel des
RROP 1996 besteht in der Darstellung der Fläche als „Vorranggebiet für die
Rohstoffgewinnung – Torf (!). Zwar befindet sich das RROP des Landkreises
Ammerland seit 2017 in der Neuaufstellung. Dieses Verfahren ist aber bis heute
nicht abgeschlossen, so dass in formaler Hinsicht das RROP 1996 und damit das
in naturschutz- und klimaschutzfachlicher Hinsicht kontraproduktive und völlig
aus der Zeit gefallene Ziel der Rohstoffgewinnung Torf in planungsrechtlicher
Hinsicht weiter zu beachten ist.
Es ist auch ausgeschlossen, dass das
regionale Ziel der Rohstoffgewinnung im laufenden Neuaufstellungsverfahren
bestätigt wird, da in der übergeordneten Raumplanung des Landes seit dem
Landesraumordnungsprogramm 2017 längst der Paradigmenwechsel von „Rohstoffgewinnung
– Torf“ zu „Torferhaltung“ stattgefunden hat. Diese neuen Zielfestlegungen wird
der Landkreis in sein RROP übernehmen müssen, so dass mit In-Kraft-Treten des
neuen RROP kein Widerspruch zu Zielen der Raumordnung mehr bestehen wird.
Dennoch entfalten bis zu diesem unbestimmbaren Zeitpunkt die alten Zielaussagen
ihre rechtliche (Verhinderungs-) Wirkung.
Dies bedeutet, dass trotz der in natur-,
moor-, und klimaschutzfachlicher Hinsicht wünschenswerten Wirkungen des
Vorhabens noch ein formelles Zielabweichungsverfahren durchzuführen ist.
Von Seiten der Kreisverwaltung wird aufgrund
der oben beschriebenen Umstände grundsätzlich die Möglichkeit für ein
erfolgreiches Zielabweichungsverfahren gesehen. Da bei Zulassung einer
Zielabweichung aber hinsichtlich dieses Teilaspektes eine abschließende
Entscheidung im Aufstellungsverfahren zum RROP vorweggenommen werden würde,
sieht die Kreisverwaltung es als erforderlich an, eine Zielabweichung in dieser
Sache den Kreisgremien zur Entscheidung vorzulegen.
Dort wären durch die Mandatsträger auf
Kreisebene dann die mit dem Vorhaben zu erreichenden Natur-, Moor- und
Klimaschutzziele, die sich mit den bereits rechtskräftigen Zielen der
Landesraumordnung und den sich in Aufstellung befindlichen Zielen der
regionalen Raumordnung decken, gegen die überholten Zielaussagen des RROP 1996
abzuwägen und politisch zu bewerten.
c) Besondere
Qualität des Projekts:
Für Projektflächen außerhalb der Cluster soll
dann die Möglichkeit der Einleitung eines Bauleitplanverfahrens bestehen, wenn
das Vorhaben eine besondere Qualität aufweisen kann. Wie oben bereits
ausgeführt wurde, sind vergleichbare und auf alle Fallgestaltungen übertragbare
Maßstäbe erforderlich. Als erfüllt betrachtet werden kann der Aspekt der
besonderen Qualität danach dann, wenn im Vergleich zu einer klassischen
innerhalb eines Clusters liegenden Projektplanung, die ebenfalls eine
umfassende Einbindung in das Landschaftsbild leistet, das außerhalb des
Clusters angestrebte Projekt nach dem Bewertungsmodell des Nds. Städtetages zu
einer um 25 % höheren Aufwertungsquote führt.
Wie der anliegenden überschlägigen
Bilanzierung des Vorhabens zu entnehmen ist (Bestandteil der Anlage Nr. 1),
kann dies durch das Projekt ohne weiteres geleistet werden.
Das Vorhaben steht im unmittelbaren
räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle, die darüber hinaus weiter
aktiv bewirtschaftet wird. Das Gesamtvorhaben kann außerdem sehr
landschaftsbildverträglich eingebunden werden. Neben den ohnehin erforderlichen
Mindesteingrünungsmaßnahmen sieht die Planung deutlich darüber hinausgehende
biodiversitätssteigernde Maßnahmen vor. Diese werden in der Sitzung von den
Projektvertretern näher beschrieben.
Beitrag des Vorhabens zu den Zielen des Gesamträumlichen Konzeptes
Der Solarpark hat eine Modulfläche von 8 ha. Gemäß unserer
Planungsempfehlung ist zunächst ein Ausbau von 53 ha Freiflächen-PV
anzustreben. Es verbleiben somit noch 45 ha für weitere Projekte. Zum Beitrag
des Vorhabens hinsichtlich des Ziels
einer bilanziell 100 %igen Deckung des gemeindlichen Strombedarfes durch lokal
erzeugte Erneuerbare Energien wird auf die untenstehenden Ausführungen zu den
Klimaauswirkungen verwiesen.
Insgesamt stellt sich das Vorhaben als sehr
gutes Einstiegsvorhaben in die Thematik Sondergebietsausweisung „Solarpark“
dar, auch wenn die Vorhabenfläche außerhalb eines Clusters liegt.
Für eine detaillierte Vorstellung des
Vorhabens stehen in der Sitzung sowohl der Landwirt als auch die
Projektentwickler zur Verfügung.
Beschlussvorschlag:
Vorbehaltlich der
fachbehördlichen Bestätigung der agrarstrukturellen Unbedenklichkeit des
Vorhabens sowie der zu erwartenden Zulassung der Zielabweichung vom RROP 1996
soll für den Bereich der Projektfläche des Solarparks gemäß Anlage 1 zur
Beschlussvorlage auf Grundlage des BauGB in der zurzeit geltenden Fassung
1. eine
33. Änderung des Flächennutzungsplanes 2013 und
2. der
Bebauungsplan Nr. 205 „Sondergebiet Solarpark Brombeerweg“
aufgestellt werden.
Die Verwaltung wird beauftragt,
auf Grundlage der Projektplanung entsprechende Vorentwürfe vorzubereiten und zu
einer der nächsten Sitzungen des Bauausschusses zur Beratung über die
frühzeitige Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wieder vorzulegen.
Anlagen:
-
Antrag
-
Planungsempfehlungen
-
Plan
Clusterflächen