Betreff
Weiterentwicklung des Alten- und Pflegeheimes in Edewecht
Vorlage
2015/Stab/1914
Art
Beschlussvorlage

Finanzierung:

Die Finanzierung erfolgt ausschließlich über die o. a. dargestellte Einbindung des unselbständigen Eigenbetriebes mit anschließender Verpachtung des Gebäudes an den PSE.          


Sachdarstellung:

 

Ausgangslage

Das Alten- und Pflegeheim in Edewecht wird vom Pflege Service Edewecht Anstalt des öffentlichen Rechts (PSE) betrieben. Der PSE ist Anstellungsträger des Personals und Eigentümerin des beweglichen Vermögens. Das Grundstück mit den aufstehenden Gebäuden pachtet der PSE von der Gemeinde Edewecht.

 

Da der PSE das operative Geschäft bezüglich des Alten- und Pflegeheimes ausübt, sind die für eine Erstellung eines Ersatzbaues notwendigen Entscheidungen grundsätzlich im Verwaltungsrat der PSE zu treffen. In Anbetracht des Volumens der angestrebten Baumaßnahme bedarf der PSE der Unterstützung der Gemeinde. Trotz der benötigen Hilfe sind die Aufgabenstellungen der PSE und der Gemeinde Edewecht klar gegeneinander abzugrenzen.

 

Der Gemeinde Edewecht können obliegen:

  • die Bereitstellung der benötigten Finanzierungsmittel
  • die Verbürgung der benötigten Finanzmittel
  • ggfs. die Errichtung des Gebäudes mit anschließender Verpachtung an den PSE.

 

 

Investitionsumfang

Zur Ermittlung verlässlicher Kostenangaben wurde das Architekturbüro Geirsson beauftragt, eine genehmigungsfähige Planung mit belastbaren Baukostenangaben zu erstellen. Hierzu hatte der Rat in seiner Sitzung am 15.12.2014 entschieden, dem PSE in Erwartung der Baumaßnahme eine Liquiditätshilfe in Höhe von 100.000 € zur Verfügung zu stellen.  

 

In der Sitzung des Kinder-, Jugend- und Sozialausschusses vom 21.04.2015 wurden Planentwürfe vorgestellt. Mittlerweile liegen Kostenberechnungen vor, die unter Beteiligung von Fachplanern erarbeitet wurden. Unter Berücksichtigung der Nebenkosten und einer überwiegenden Neumöblierung und -betriebsausstattung ergeben sich Gesamtkosten von rd. 5,75 Mio. €. Hierin ist eine Vollküche für bis zu 249 Essen vorgesehen, um nicht nur die Bewohner des Alten- und Pflegeheimes zu versorgen, sondern auch die Weiterführung des Essens auf Rädern zu sichern. Eine weitere Besonderheit liegt darin, im Eingangsbereich des Ersatzbaues ein großes Foyer als so genannten „Marktplatz“ einzurichten, welches wie beim bisherigen Altbau ein Treffpunkt für alle Bewohner sein soll.

 

Von der Gesamtsumme in Höhe von 5.750.000 € entfallen rd. 550.000 € auf die Möblierung, die Betriebsausstattung sowie die Kücheneinrichtung und -geräte.

 

Maßstab für die Ermittlung der vorgenannten Kosten sind die aktuellen Standards für Pflegeheime. In einzelnen Gewerken sind darüber hinaus verbesserte Ausführungen möglich, die aber Mehrkosten mit sich bringen. Über diese Details wäre im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Ausschreibung der Gewerke zu entscheiden.

 

Die Kostenkalkulation basiert zudem auf der Geltung der heutigen Energieeinsparverordnung. Dies setzt eine Bauantragstellung bis zum 30.12.2015 voraus.

 

Organisatorische Rahmenbedingungen

Die Mitwirkung der Gemeinde Edewecht bei der Finanzierung des Bauvorhabens ist erforderlich, weil die AöR selbst nicht Eigentümerin des Baugrundstückes ist und demzufolge nur eine teilweise Beleihung des Bauobjektes durch Banken möglich wäre. Zudem ist eine Anstalt öffentlichen Rechts nach niedersächsischem Recht nicht insolvenzfähig. Gleichwohl kann sie zahlungsunfähig werden, weil der Gemeinde in letzter Konsequenz keine Unterstützungspflicht in finanzieller Hinsicht obliegt. Demzufolge geben Banken größere Kredite an Anstalten öffentlichen Rechts i. d. R. nur unter Gestellung einer Bürgschaft der Trägerkommune.

 

Wenn es somit zwingend erforderlich ist, dass die Gemeinde Edewecht maßgeblich in die wirtschaftliche Verantwortung für die Immobilie einbezogen wird, sollte eine Organisationsform gewählt werden, die die unmittelbare rechtliche Verfügungsgewalt der Gemeinde über die Immobilie sicherstellt.

 

Zu den im Einzelnen möglichen organisatorischen Konstellationen ist folgendes auszuführen:

a)

 

 

 

 

 

 

PPP-Modell (Public-Private-Partnership)

Wegen der Baustruktur und insbesondere der wesentlich höheren Finanzierungskosten privater Unternehmen ist ein derartiges Modell wirtschaftlich nicht vorteilhaft. Bei dieser Beurteilung ist die erhebliche Zinsdifferenz zwischen freifinanzierten Immobilien privater Unternehmen und Kommunalkrediten zu nennen, aber auch die darüber hinaus bestehende Möglichkeit für Kommunen, zinsverbilligte Förderdarlehen der KfW in Anspruch zu nehmen.

 

 

b)

Gemeinde als Bauherr

Würde die Gemeinde Edewecht den Ersatzbau selbst errichten, um ihn an den PSE zu verpachten, hätte dies den Nachteil, dass der Neubau in das zentrale Gebäudemanagement der Gemeindeverwaltung einzugliedern wäre und damit der unmittelbaren Bewirtschaftung durch den PSE entzogen würde. Zudem würde sich der Schuldenstand der Gemeinde durch die Aufnahme der Finanzierungsmittel erhöhen, ohne dass es sich um Kernaufgaben der Gemeinde handelt.

 

 

c)

GmbH oder gGmbH

Eine weitere Alternative wären private Organisationsformen als Eigentümerin der neu zu errichtenden Immobilie (z. B. GmbH oder gGmbH). Der Vorteil liegt in der Begrenzung der Haftung auf das eingebrachte Kapital. Allerdings werden keine über das eingesetzte Kapital hinausgehenden wesentlichen Haftungsrisiken gesehen, so dass dieser Vorteil nicht in vollem Umfang zur Entfaltung kommt. Darüber hinaus können private Gesellschaften öffentlicher Träger keine KfW-Förderdarlehen erhalten, weshalb diese Organisationsform sich nicht empfiehlt.

 

 

d)

Anstalt öffentlichen Rechts (Besitz-AöR)

Eine weitere Alternative wäre die Gründung einer weiteren Anstalt des öffentlichen Rechts als juristische Person des öffentlichen Rechts. Trotz der relativ hohen Flexibilität durch die stringenten Organzuständigkeiten ist hier auch der Nachteil festzuhalten, dass keine Förderdarlehen der KfW aufgenommen werden können.

 

 

e)

Eigenbetrieb

Eine weitere Möglichkeit wäre ein rechtlich unselbständiger Eigenbetrieb. Dieser würde zu einer unbegrenzten Haftung der Gemeinde führen, die aber bei einer reinen Gebäudebereitstellung im Prinzip auf die verbürgten Baukosten begrenzt wäre. Die Tätigkeit des unselbständigen Eigenbetriebes wird durch einen eigenen Betriebsausschuss mit gewissen eigenen Kompetenzen, den Verwaltungsausschuss und dem Rat sowie der Betriebsleitung ausgeführt. Ein Eigenbetrieb kann KfW-Förderdarlehen unmittelbar aufnehmen und Kredite selbst als eigene Schulden verwalten. Ein Beispiel wäre der Eigenbetrieb „Immobilienverwaltung“ des Landkreises Ammerland.

 

Zusammenfassung:

Unter den gegebenen Umständen schlägt die Verwaltung vor, im Interesse einer transparenten und unmittelbaren Bewirtschaftung durch den PSE den unselbständigen Eigenbetrieb als wirtschaftlichste und effektivste Lösung zu wählen. Der Eigenbetrieb könnte den Ersatzbau des Alten- und Pflegeheimes schlüsselfertig erstellen und verpachten. Das bewegliche Vermögen wie die Möblierung, Betriebs- und Küchenausstattung und die Büroeinrichtung wäre von der PSE unmittelbar zu verantworten und demzufolge zu investieren.

 

 

Finanzielle Rahmenbedingungen

Wenn das Gebäude von dem unselbständigen Eigenbetrieb erstellt und an die PSE vermietet würde, wäre für diese Konstellation eine fiktive Mietkostenberechnung notwendig, um bei den Sozialhilfeträgern und selbstzahlenden Heimbewohnern entsprechende Entgelte für Investitionskosten geltend zu machen. Eine erste Berechnung in Abstimmung mit der Fachanwältin Frau Dr. Hacke, Hamburg, wurde auf der Grundlage der bekannten Investitionssumme (5,2 Mio. € für das Gebäude ohne Einrichtung) erstellt. Danach ergibt sich eine fiktive Jahresmiete in Höhe von rd. 220.000 €. Diese Miete wäre nach Auffassung von Frau Dr. Hacke auf jeden Fall unter Beachtung der örtlichen Verhältnisse in einem angemessenen Rahmen.

 

Bei einer zu finanzierenden Investitionssumme in Höhe von 5,2 Mio. € würde eine derartige Pacht der Gemeinde eine Refinanzierung mit einer jährlichen Annuität von mindestens 4,25 % p. a. ermöglichen. Unter den heutigen Gegebenheiten und insbesondere unter Hinzuziehung von Förderdarlehen der KfW erscheint diese Annuität als ausreichend, um in einem kürzeren Zeitraum als die Abschreibungszeit (50 Jahre) zu einer vollständigen Refinanzierung der Tilgung als auch der Zinsen zu kommen.

 

In der Sitzung werden Berechnungsbeispiele vorgestellt.

 

 

Wirtschaftlichkeit des Vorhabens

Neben der Refinanzierung des Gebäudes ist der dauerhafte wirtschaftliche Betrieb des Alten- und Pflegeheims von wesentlicher Bedeutung für den PSE als auch für die Gemeinde Edewecht. Das Projekt kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn der nachhaltige wirtschaftliche Betrieb gesichert ist. Dies bedeutet für den PSE, dass nach einer Anlaufphase das Alten- und Pflegeheim eigenwirtschaftlich betrieben werden soll.

 

Hierzu gibt es nach Auffassung der Verwaltung aus europa- und wettbewerbsrechtlicher Sicht keine vertretbare Alternative.

 

Die Bewirtschaftung des Alten- und Pflegeheimes einschl. der Beurteilung der Ertrags- und Aufwendungssituation ist die ureigene Angelegenheit der PSE. Dementsprechend sind von dort die notwendigen Wirtschaftlichkeitsnachweise zu erbringen. Wegen der immensen Bedeutung für das Gesamtprojekt wird es für erforderlich gehalten, die fiktive Pflegesatzberechnung durch die Fachanwältin Frau Dr. Hacke und weitere externe Berater (z. B. Wirtschaftsprüfer, Bezirksverband) abzusichern.

 

 

Weitere notwendige Schritte

1.

Gründung eines unselbständigen Eigenbetriebes durch die Gemeinde Edewecht.

2.

Einleitung des kommunalaufsichtlichen Anzeige- und Prüfverfahrens zur Unternehmensgründung.

3.

Aufstellung eines Wirtschaftsplanes (Erfolgsplan und Vermögensplan, Finanzplanung) für den Eigenbetrieb.

4.

Abschluss der fiktiven Pflegesatzberechnung durch den PSE und Prüfung durch externe Expertise.

5.

Einreichen eines Bauantrages bis zum 30.12.2015 (Geltung der derzeitigen Energieeinsparverordnung).

 


Beschlussvorschlag:

Das Alten- und Pflegeheim in Edewecht soll zu Investitionskosten von ca. 5.200.000 € (ohne Betriebsausstattung und Einrichtung) als Ersatzbau errichtet werden.

 

Die Finanzierung und Durchführung des Projektes erfolgt durch einen zu gründenden unselbständigen Eigenbetrieb der Gemeinde Edewecht. Die Verwaltung wird beauftragt, die hierzu notwendigen Schritte zur weiteren Beratung vorzubereiten.

 

Unabdingbare Bedingung für die Mitwirkung der Gemeinde Edewecht bzw. des zu gründenden Eigenbetriebes bei der Finanzierung und Durchführung des Projektes ist der Nachweis des eigenwirtschaftlichen Betriebes des Ersatzbaues mit 66 Plätzen. Der Nachweis ist durch den PSE durch eine fiktive Pflegesatzberechnung zu erbringen, welche in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht durch externe Fachberatung zu bestätigen ist.