Finanzierung:
Es fällt jährlich ein Eigenanteil
von rund 60.000 Euro für Personal- und Sachausgaben an. Über die Finanzierung
der im Konzept aufgeführten Klimaschutzmaßnahmen wird individuell, im Rahmen
der Umsetzung und unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln
beschlossen.
Sachdarstellung:
Der Rat der Gemeinde Edewecht hat in seiner Sitzung am 28.10.2019
beschlossen, die Klimaherausforderung in der Gemeinde Edewecht als hohe
Priorität anzuerkennen. Zudem wurde beschlossen, ein Klimaschutzkonzept zu
erarbeiten und hierfür die Stelle eines Klimaschutzmanagements in der
Verwaltung einzurichten und personell zu besetzen.
Der Klimaschutzmanager der Gemeinde Edewecht hat im Januar 2021 die
Arbeit aufgenommen und im Zeitraum bis Juni 2022 das vorliegende Integrierte
Klimaschutzkonzept gemäß den Förderrichtlinien des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) in Zusammenarbeit mit den
Fachbüros EKP Energie-Klima-Plan gGmbH und ARSU GmbH sowie allen relevanten
Akteuren der Gemeinde erstellt.
Das Klimaschutzkonzept dient der Gemeinde Edewecht als strategische
Entscheidungsgrundlage und Planungshilfe für ihre Klimaschutzaktivitäten. Mit
Hilfe des Klimaschutzkonzepts und des Klimaschutzmanagements wird Klimaschutz
als Querschnittsaufgabe nachhaltig in der Kommune verankert. Aufbau und Inhalte
des Konzepts orientieren sich dabei an den Pflichtbestandteilen, die vom
Fördermittelgeber für integrierte kommunale Klimaschutzkonzepte vorgeschrieben
sind. Hierzu gehören die Erstellung einer Bestandsanalyse zum Klimaschutz, die
Berechnung einer kommunalen Energie- und Treibhausgasbilanz nach dem
Territorialprinzip, die Ermittlung von Potenzialen zur Erzeugung erneuerbarer
Energien und zur Erhöhung der Energieeffizienz, die Berechnung eines
Klimaschutzszenarios bis 2050, die Entwicklung von Strategien, um die
Klimaschutzpotentiale zu heben sowie die Ableitung von priorisierten
Handlungsfeldern. In einem breit angelegten, partizipativen Prozess wurden
konkrete Klimaschutz-Maßnahmen erarbeitet und umsetzungsorientiert beschrieben.
Die ebenso anzufertigende Verstetigungsstrategie soll sicherstellen, dass der
Klimaschutz strukturell und personell langfristig in der Verwaltung verortet
bleibt. Ein Controlling-Konzept bildet die Grundlage, um den Erfolg und die
Wirksamkeit des Klimaschutzes in Edewecht zu messen und die zugrundliegenden
Maßnahmen stetig anzupassen und weiterzuentwickeln. Das Konzept schließt mit
Hinweisen zur Kommunikation, um den Stellenwert von Klimaschutz als
Gemeinschaftsaufgabe in der Gemeinde zu festigen und Akteure zur Umsetzung von
Klimaschutzmaßnahmen zu aktivieren und zu befähigen.
Ergebnisse
Die Energie- und Treibhausgasbilanz hat ergeben, dass in der
Gemeinde im Bilanzjahr 2019 insgesamt 1.067 Gigawattstunden (GWh) Energie
verbraucht wurden. Der Sektor Wirtschaft hat mit 716 GWh hieran den größten
Anteil. Dies ist vor allem auf den sehr hohen Wärmebedarf des verarbeitenden
Gewerbes in der Gemeinde zurückzuführen. Die Sektoren private Haushalte (221
GWh) sowie Mobilität (130 GWh) liegen im anteiligen Verbrauch deutlich dahinter
zurück. Diese Verteilung spiegelt sich auch bei den Treibhausgasemissionen
wider: So wurden im Gemeindegebiet 2019 bilanziell insgesamt 300.688 Tonnen
Treibhausgase durch energiebedingte Prozesse ausgestoßen – rund 70 Prozent
gehen auf den Sektor Wirtschaft zurück. Die hierin ebenfalls enthaltenen
Treibhausgasemissionen der Gemeindeverwaltung liegen bei 3.023 Tonnen und damit
anteilig bei einem Prozent des Gesamtausstoßes. Aus der Klimaschutzbilanz
lassen sich weitere wichtige Erkenntnisse ziehen: So ist der Anteil im
Gemeindegebiet erzeugter erneuerbarer Energien derzeit noch sehr gering. Die
installierten Windkraft-, Solarenergie- und Biomasseanlagen decken lediglich
18,5 Prozent des Strombedarfs ab. Im Bereich Wärme ist die Dominanz fossiler
Energieträger noch deutlicher ausgeprägt: Rund 95 Prozent der benötigten
Energie für die Heizung sowie die Bereitstellung von warmem Wasser und von
Prozesswärme werden noch aus fossilen Brennstoffen, überwiegend Erdgas,
erzeugt. Gegenwärtig ergibt sich für jede Edewechterin und jeden Edewechter
dadurch ein „CO2-Rucksack“ von 13,2 Tonnen. Dieser wiegt deutlich
schwerer als der des bundesdeutschen Durchschnitts mit rund 9,7 Tonnen und
zeigt den großen Handlungsbedarf in Edewecht anschaulich auf.
Die Potenzialanalyse baut auf den Ergebnissen der Energie- und
Treibhausgasbilanz auf. Es zeigt sich, dass in Edewecht erhebliche Potentiale
zur Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien bestehen. Dies gilt sowohl für
Dachflächen- als auch für Freiflächen-Photovoltaik. Ebenso ist der Anteil an
der Stromerzeugung durch Windenergie in Edewecht mit derzeit 2,5 Prozent am
Energiebedarf noch minimal, hier werden deutliche Ausbaupotentiale gesehen. Ein
enormes Ausbaupotenzial hat auch die stärkere Nutzung von Umweltwärme. Durch
den Einsatz von Wärmepumpen können zukünftig 120 GWh Energie aus fossilen
Gasheizungen nahezu emissionsfrei ersetzt werden. Keine Ausbaupotenziale werden
hingegen im Bereich der Biomasse verortet. Die Potenzialanalyse deutet darauf
hin, dass das Ausbaumaximum von Biogas- und Holzfeuerungsanlagen, aufgrund von
Flächenkonkurrenzen und dem regional limitierten Waldbestand, bereits erreicht
ist. Weitere Potenziale liegen darin, die Energieverbräuche insgesamt zu
reduzieren. Dies gilt vor allem für den Wärmebedarf in Gebäuden, der durch ein
ambitioniertes Sanierungstempo und eine hohe energetische Sanierungsqualität
verringert wird sowie für die Senkung des hohen Wärmebedarfes in der
Wirtschaft, der durch die Gemeinde nur indirekt beeinflusst werden kann. Im
Mobilitätsbereich liegen die Potentiale vor allem im Effizienzgewinn von
elektrischen Antrieben gegenüber Verbrenner-Fahrzeugen.
Die umfangreichen Potenzialannahmen wurden
dann mittels Simulation zu einem Klimaschutzszenario verdichtet, welches
eine Reduktion der Treibhausgasemissionen in Edewecht bis 2050 auf rund 20.000
Tonnen CO2e projiziert. Aus dem Kurvenverlauf wurden
Emissions-Zwischenschritte abgeleitet, welche die mittel und langfristigen
Klimaschutzziele der Gemeinde Edewecht darstellen:
·
2030: 45
Prozent Treibhausgasreduktion gegenüber 2019
·
2030:
Bilanzielle Deckung des Strombedarfs zu 100 Prozent aus lokal erzeugten
erneuerbaren Energien
·
2035: 60
Prozent Treibhausgasreduktion gegenüber 2019
·
2045: 84
Prozent Treibhausgasreduktion gegenüber 2019
Aufbauend auf den Ergebnissen des
Klimaschutzszenarios wurden sechs Handlungsfelder für den Klimaschutz
definiert. Die Handlungsfelder stellen die übergeordneten Gefäße für die
konkreten Klimaschutzmaßnahmen des Konzeptes dar. Sie adressieren einerseits
die wichtigen „Stellschrauben“ zur aktiven Reduktion von Treibhausgasen und
zielen anderseits auf die Schaffung von Strukturen ab, um Klimaschutz als
Gemeinschaftsaufgabe zu verankern.
·
Bauen,
Sanieren & Wärmewende
·
Erneuerbare
Energien
·
Mobilität
·
Bildung,
Beratung & Beteiligung
·
Klimaanpassung
und Treibhausgas-Senken
·
Treibhausgasneutrale
Verwaltung
In einem kontinuierlichen, partizipativen Prozess wurden insgesamt 32 Klimaschutzmaßnahmen
erarbeitet und den jeweiligen Handlungsfeldern zugeordnet. Die Maßnahmen bilden
den handlungsorientierten Kern des Klimaschutzkonzeptes. Jede Maßnahme wird in
einem ausführlichen Steckbrief beschrieben und mit konkreten Meilensteinen und
messbaren Erfolgskennzahlen versehen. Ebenso werden Vorschläge zur Finanzierung
aufgezeigt. Einige Maßnahmen haben einen Schwerpunkt in der Erarbeitung
weiterer konzeptioneller Zugänge und Vertiefungen, um komplexe, sektorale
Klimaschutz-Herausforderungen zu adressieren, beispielsweise der Einstieg in
die kommunale Wärmeplanung, die Identifikation von Windenergie-Standorten, die
Erstellung eines Mobilitätskonzepts oder die Schaffung eines digitalen
Moorkatasters. Andere Maßnahmen sollen Akteure durch Information und Beratung
zum Klimaschutz-Handeln befähigen, Klimaschutz öffentlichkeitswirksam
aufbereiten oder die Gemeindeverwaltung zu einem Klimaschutz-Vorbild machen.
Die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes ist eine langfristig angelegte Aufgabe. Um die Entwicklung und Wirksamkeit dieses Prozesses systematisch zu erfassen, wird vom Klimaschutzmanagement ein Klimaschutzcontrolling aufgebaut. Das Controlling geht dabei über den bloßen Vergleich von Ist- und Soll-Zustand hinaus. Es ist das Steuerungs- und Koordinierungsinstrument innerhalb des Klimaschutzmanagement-Prozesses und liefert auf Basis von konkreten, zeitlich fixierten und überprüfbaren Zielen und Kennzahlen Informationen zur Entscheidungsfindung und zielgerichteten Steuerung. Das Klimaschutzcontrolling ist zugleich eine wesentliche Grundlage, um das Klimaschutzkonzept stetig weiterzuentwickeln und an neue Inhalte und Themen anzupassen.
Das Klimaschutzkonzept zeigt auf, dass ein ambitionierter Klimaschutz in
Edewecht möglich ist. Der tatsächliche Umsetzungserfolg gelingt jedoch nur,
wenn Klimaschutz als Gemeinschaftsaufgabe verstanden und von allen
Akteuren in Edewecht mit hohem Einsatz betrieben wird. Der Ratsbeschluss zur
Umsetzung des Konzeptes bildet hierfür den verbindlichen Auftrag.
Weiteres Vorgehen
Der vorliegende Entwurf wird dem Projektträger des BMU zur inhaltlichen
Prüfung vorgelegt. Parallel hierzu reicht die Verwaltung nach dem erfolgten
Ratsbeschluss bis zum 30.06.2022 einen Förderantrag für das sogenannte
Anschlussvorhaben ein. Nach Bewilligung wird die Personalstelle des
Klimaschutzmanagements für weitere drei Jahre (Januar 2023 bis Dezember 2025)
zu 40 Prozent durch das BMU gefördert. Ebenso können hierdurch Fördermittel zur
Öffentlichkeitsarbeit sowie zur Umsetzung ausgewählter investiver Klimaschutzmaßnahmen
akquiriert werden.
Beschlussvorschlag:
1. Der
Rat der Gemeinde Edewecht beschließt die Umsetzung des integrierten
Klimaschutzkonzeptes sowie die Einführung eines Klimaschutz-Controllings für
das Klimaschutzmanagement.
2.
Die Verwaltung wird beauftragt, auf der
Basis des Klimaschutzkonzeptes einen Förderantrag für das Anschlussvorhaben
gemäß der Kommunalrichtlinie zu stellen. Die erforderlichen Personal- und
Sachausgaben sind für die Jahre 2023 bis 2025 in die Haushaltsplanung
einzubringen
Anlagen:
Integriertes Klimaschutzkonzept der Gemeinde Edewecht in der Fassung vom
03.06.2022