Betreff
Aufstellungsbeschluss gemäß § 2 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) für die Aufstellung eines sachlichen Teilflächennutzungsplanes "Windenergie" gemäß § 5 Abs. 2 b (BauGB) zur Ausweisung von "Sonstigen Sondergebieten zur Nutzung der Windenergie" bei gleichzeitigem Ausschluss der Nutzung der Windenergie außerhalb der dargestellten Sonstigen Sondergebiete gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für das Gebiet der Gemeinde Edewecht
Vorlage
2022/FB III/3779
Aktenzeichen
FB III - Kn
Art
Beschlussvorlage

Finanzierung:

Die Kosten der Fachgutachten und Planung sind über den Ansatz der Planungskosten gedeckt

 

 


Sachdarstellung:

 

Planungsrechtliche Ausgangslage

Die Gemeinde Edewecht hat mit der 31. Änderung des Flächennutzungsplanes im Jahr 1999 erstmals ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Windenergieanlagen“ dargestellt. Im Zuge der damaligen Planungen ist die Ausweisung dieser Zweckbestimmung im Bereich des Standortes der ehemaligen Raketenstation „Hübscher Berg“ in Westerscheps erfolgt. Im Jahr 2004 ist durch die 61. Änderung des Flächennutzungsplanes für dieses Sondergebiet eine Anpassung der Höhenbeschränkung der zugelassenen Windkraftanlagen von ursprünglich 100 m auf 150 m erfolgt.

 

Die Ausweisung dieser Sondergebiete erfolgte seinerzeit unter Anwendung der bereits 1996 in das Baugesetzbuch eingeführten Regelung zur sog. Konzentrationsplanung, wonach mit der Ausweisung konkreter Sondergebiete der Zweckbestimmung „Windenergieanlagen“ derartige Anlagen im gesamten übrigen Gemeindegebiet ausgeschlossen sind.

 

Auf Grundlage der 31. Änderung des Flächennutzungsplanes sind in der Folge die heute noch existierenden sieben Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von 100 m genehmigt worden. Von der Möglichkeit zur Errichtung von Anlagen mit einer Gesamthöhe von nicht mehr als 150 m auf Grundlage der 61. Änderung des Flächennutzungsplanes wurde bislang kein Gebrauch gemacht.

 

Die vorgenannten Ausführungen stellen somit den derzeitigen planungsrechtlichen Stand der Windkraftplanung in der Gemeinde Edewecht dar. Die entsprechenden rechtskräftigen Flächennutzungsplanänderungen sind als Anlagen Nr. 1 und 2 beigefügt.

 

Im Wandel befindliche Anforderungen

 

Technisch/Faktisch:

Seither hat sich rein praktisch/technisch zum einen die Windenergieanlagentechnik hin zu größeren, höheren und leistungsstärkeren Anlagen entwickelt. Entsprechende Bestrebungen hin zu derartigen Anlagen und dafür in wirtschaftlicher Hinsicht geeigneten Standorten sind bereits zu beobachten.

 

Rechtlich:

Zum anderen sind in planungsrechtlicher Hinsicht die Anforderungen an die Rechtssicherheit einer kommunalen Steuerung der Windenergie über die Flächennutzungsplanung u. a. durch die Rechtsprechung konkretisiert worden. Genannt seien hier die von der Rechtsprechung herausgebildeten Kriterien und Anforderungen, die insbesondere ein auf Grundlage von harten und weichen Tabuzonen entwickeltes, schlüssiges, den gesamten Planungsraum betrachtendes Konzept erfordern, mit dem im Ergebnis der Windenergie substanziell Raum zu verschaffen ist. Nur auf Grundlage eines so entwickelten Konzeptes ist letztlich eine Konzentrationsplanung mit Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet auf Ebene des Flächennutzungsplanes rechtlich zulässig.

 

Politisch:

Insbesondere aber steht die Windenergie im Fokus der gesamtgesellschaftlichen Herausforderung der Energiewende und der Abmilderung der Folgen des Klimawandels, was sich konkret in planerischen Zielvorgaben für die Landes- und Regionalplanung niederschlägt, denen in der Folge auch auf der Ebene der gemeindlichen Bauleitplanung Geltung zu verschaffen ist. Hier sind die derzeitigen landespolitischen Zielvorgaben zu nennen, die bis 2030 vorsehen, mindestens 20 Gigawatt (GW) Windenergieleistung an Land zu installieren. Hierfür ist nach derzeitiger Einschätzung des Landes eine Fläche von 1,4 % der Gesamtfläche Niedersachsens erforderlich. Gleichzeitig wird das Flächenpotenzial der Windeignungsflächen, das nach Abzug der vom Land definierten harten Tabuzonen sowie der Wald und FFH-Flächen verbleibt, mit 19,9 % der Landesfläche angegeben. Daraus folgt, dass im Ergebnis nach Berücksichtigung der darüber hinausgehenden Vorsorgeabstände aus weichen Tabuzonen im landesweiten Durchschnitt 7,05 % aller geeigneten Flächen für die Windkraftnutzung zu öffnen wären, um das 20 GW-Ziel bis 2030 erreichen zu können. Hierbei ist weiter zu bedenken, dass ab 2030 dann 2,1 % der Landesfläche für den Ausbau der Windenergie an Land zur Verfügung stehen sollen.  

 

Auch wenn die Frage, wann der Windenergie substanziell Raum verschafft wurde, nicht abstrakt zu beantworten ist und vielmehr unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten im Einzelfall festzustellen ist, lassen sich aus den energiepolitischen Zielvorgaben letztlich indirekt zu großen Teilen die Anforderungen an den Umfang der Flächen ableiten, die eine Gemeinde im Falle einer positiven Steuerungsplanung bereitzustellen hat, um der Windkraft im Ergebnis sicher substanziell Raum zu verschaffen.

 

Raumordnerisch:

Auch in der Raumordnung spiegelt sich die herausgehobene Bedeutung der erneuerbaren Energien wider. So hat der Landkreis Ammerland im Zuge der Neuaufstellung des Regionalen Raumordnungsprogramm ebenfalls erstmals die Thematik „Windkraft“ aufzugreifen, so dass das RROP künftig als Ziel der Raumordnung zu beachtende Vorrangflächen für die Windkraftnutzung beinhalten wird. Aus der gesetzlich in § 1 Abs. 4 BauGB normierten Anpassungspflicht der Gemeinden, ist auch die Gemeinde Edewecht in der Pflicht, nach Rechtskraft des neu aufgestellten Regionalen Raumordnungsprogramms, die eigenen Bauleitpläne, in diesem Fall den Flächennutzungsplan, an dieses Ziel der Raumordnung des Landkreises anzupassen.

 

Konsequenz

Aus oben Genanntem ist zu entnehmen, dass die derzeitige Konzentrationsplanung der Gemeinde in Gestalt der 31. bzw. 61. Flächennutzungsplanänderung nicht mehr den aktuellen Anforderungen gerecht wird und darüber hinaus absehbar ist, dass sie diese aus der Anpassungspflicht an die sich im künftigen RROP abzeichnenden Ziele der Raumordnung zum Thema „Windkraft“ heraus, einer Fortschreibung zu unterziehen hat.

 

Es besteht somit das planerische Erfordernis, einerseits den für die Gemeinde Edewecht relevanten Belangen in Bezug auf die Steuerung der Windkraft innerhalb des Gemeindegebiets, wie z. B. den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes sowie den Belangen der Siedlungsnutzungen auch zukünftig unter den veränderten Rahmenbedingungen möglichst umfassend Geltung zu verschaffen. Andererseits ist in rechtssicherer Weise der Nutzung regenerativer Energien substanziell Raum zu geben.

 

Die Verwaltung schlägt deshalb vor, über das Planungsinstrument der Aufstellung eines sachlichen Teilflächennutzungsplanes „Windenergie“ gemäß § 5 Abs. 2b BauGB in der Gemeinde Edewecht geeignete Standorte für die Windenergienutzung als Sonstige Sondergebiete für die Nutzung der Windenergie darzustellen; verbunden mit der gleichzeitigen Ausschlusswirkung für die Errichtung von Windkraftanlagen im übrigen Gemeindegebiet.

 

Insbesondere angesichts der energiepolitischen Bedeutung der Thematik und des gleichzeitig nicht vor Ende 2023 rechtswirksam werdenden RROP ist es nicht angezeigt, bis zum Eintritt der Anpassungspflicht an die neu formulierten Ziele der Raumordnung auf Kreisebene mit der Einleitung eigener Planungen abzuwarten. Diese Einschätzung wird im Übrigen von Seiten des Landkreises geteilt.

 

Erste Schritte

Wie schon oben erläutert, ist einer Konzentrationsflächenplanung ein Standortkonzept zugrunde zu legen. Von der Verwaltung wurde bereits berichtet, dass sich die Gemeinde entsprechende Fachplanungskapazitäten gesichert hat, die sowohl die Erarbeitung eines Standortkonzeptes für das Gemeindegebiet sowie die erforderliche begleitende Übersichtskartierung für Brutvögel noch im laufenden Kalenderjahr gewährleistet.

 

In den kommenden Monaten ist somit ein an die örtlichen Gegebenheiten in der Gemeinde Edewecht angepasstes Standortkonzept zu entwickeln. Das Konzept muss dabei im Ergebnis eine Flächenkulisse darstellen, die geeignet ist, der Windkraft in oben beschriebenem Maße substanziell Raum zu verschaffen. Auf die oben genannten Ausbauziele des Landes bis 2030 sowie die Zeit ab 2030 wird hierbei verwiesen. Bereits jetzt sollte man sich deshalb darauf einstellen, dass die Gemeinde Edewecht aufgrund ihrer Siedlungsstruktur und den in der Fläche zu erwartenden natur- und artenschutzrechtlichen Belangen diesem Erfordernis voraussichtlich nicht wie bislang konzentriert auf nur einen Standort im Gemeindegebiet in rechtssicherer Weise wird gerecht werden können und stattdessen die Ausweisung mehrerer Konzentrationsflächen verteilt über das Gemeindegebiet mit hoher Wahrscheinlichkeit notwendig sein wird.  

 

 

 


Beschlussvorschlag:

Die Gemeinde Edewecht stellt gemäß § 5 Abs. 2b des Baugesetzbuches (BauGB) in der zurzeit geltenden Fassung zur Ausweisung von „Sonstigen Sondergebieten zur Nutzung der Windenergie“ bei gleichzeitigem Ausschluss der Nutzung der Windenergie außerhalb der dargestellten Sonstigen Sondergebiete gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für das Gebiet der Gemeinde Edewecht einen sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ auf. Die Verwaltung wird beauftragt, den Aufstellungsbeschluss gemäß § 2 Abs. 1 BauGB ortsüblich bekanntzumachen.

 

 

 

 


Anlagen:

-       31. FNP-Änderung

-       61. FNP-Änderung