Betreff
Antrag des "Runder Tisch Edewecht" auf Beschäftigung eines/r Sozialarbeiters/in zur Begleitung von schwer traumatisierten Flüchtlingen
Vorlage
2020/FB II/3254
Aktenzeichen
FB II 315.50.10
Art
Beschlussvorlage

Finanzierung:

Eine neue/zusätzliche Personalstelle würde zu 100 % zu Lasten des gemeindlichen Haushalts gehen.

 

 


Sachdarstellung:

Der Verein zur Unterstützung von Migranten „Runder Tisch Edewecht“ hat den Antrag gestellt, bei der Gemeinde Edewecht eine/n Sozialarbeiter/in zur Begleitung von schwer traumatisierten Flüchtlingen einzustellen. Zur Begründung weist er auf drei Fälle psychisch erkrankter Flüchtlinge hin.

 

Hier ergeben sich folgende Sachverhalte:

Bei einem Fall handelt es sich um eine Frau, die sich zum Zeitpunkt des Suizidversuches im Jahr 2016 in der Karl-Jaspers-Klinik aufgehalten hat und dort intensiv psychologisch betreut wurde.

 

Der in Edewecht ansässige südsudanesische Flüchtling hat laut Mitteilung der Presse im Jahr 2018 in Oldenburg im Streit einen Flüchtling aus dem Sudan getötet. Er ist seit dem in Haft.

 

Der Bewohner aus der Gemeinschaftsunterkunft in Westerscheps hatte nicht bewusst beabsichtigt in der Unterkunft ein Feuer zu legen. Er hatte den Versuch unternommen seine Ausweispapiere im geschlossenen Backofen zu vernichten. Bei der Entnahme der Unterlagen aus dem Backofen durch einen Mitarbeiter der Gemeinde Edewecht haben sich diese auf dem Fußboden entflammt, konnten aber sofort gelöscht werden.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich in der Gemeinde Edewecht rund 450 Flüchtlinge - Erwachsene und Kinder - aufhalten. Wie hoch die Anzahl derer ist, bei denen ein Trauma oder eine sonstige psychische Erkrankung vorliegt, ist nicht bekannt. Eine solche Einschätzung ist auch äußerst schwierig.

 

Der Gemeinde Edewecht sind Fälle von psychisch erkrankten Flüchtlingen bekannt. Diese werden durch den Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes Ammerland besonders betreut. In notwendigen Fällen kümmern die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes sich um die Beantragung zusätzlicher Unterstützungsleistungen, wie z. B. der Hilfe zum ambulant betreuten Wohnen. Durch dieses Angebot werden die psychisch erkrankten Flüchtlinge durch Mitarbeiter eines Fachdienstes unterstützt weitgehend selbstständig und selbstbestimmt zu leben und zu wohnen.

 

Die/der vom „Runder Tisch Edewecht“ beantragte Sozialarbeiter/in soll sich somit zusätzlich um die Begleitung von schwer traumatisierten Flüchtlingen kümmern. Insbesondere soll er/sie durch intensive Betreuung bereits bei Neuaufnahme der Flüchtlinge Traumata oder psychische Erkrankungen frühzeitig erkennen und eine Behandlung einleiten. Verwaltungsseits ist in der Gemeinde Edewecht eine nennenswerte Anzahl an schwer traumatisierten Flüchtlingen nicht bekannt.

 

Allgemein ist für psychisch erkrankte Personen der Sozialpsychiatrische Dienst Anlaufstelle für Rat und Hilfe bei seelischen Problemen. Die Mitarbeiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes kennen sich mit den verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen aus und wissen um die Probleme, die dadurch im täglichen Leben entstehen können. Der Sozialpsychiatrische Dienst hat auch einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Hilfsangebote im medizinischen und psychosozialen Bereich des Landreises Ammerland und im weiteren Umland. Die Mitarbeiter stellen den Kontakt zu den verschiedenen Hilfe-Anbietern her. Sie begleiten Klienten zu ihren Terminen und unterstützen sie bei der Antragstellung bei Behörden oder anderen zuständigen Stellen. Diese Hilfe sowie die sich daraus ergebende ergänzende Betreuung durch einen Fachdienst stellen nach Aussage des Antragstellers jedoch keine ausreichende Hilfeleistung für traumatisierte oder psychisch erkrankte Personen dar.

 

In den anderen Gemeinden des Landkreis Ammerland, insbesondere in der Gemeinde Bad Zwischenahn, die im Gegensatz zur Gemeinde Edewecht eine höhere Anzahl von Flüchtlingen aufzunehmen und zu betreuen hat, sind solche Sozialarbeiter/innen nicht beschäftigt. Es wird aber durchaus erkannt, dass die ehrenamtlichen Betreuer/innen bei ihren begleitenden und beratenden Tätigkeiten insbesondere bei traumatisierten und psychisch erkrankten Flüchtlingen ihre Belastungsgrenze erreichen. Es wäre daher möglicherweise sinnvoll, dass der Verein „Runder Tisch Edewecht“ einen entsprechenden Antrag beim Landkreis Ammerland stellt, da gemeindeübergreifend auf Landkreisebene ein Bedarf eher gegeben sein könnte.

 

Von dem Antragsteller wurde ergänzend auf andere Kommunen verwiesen, die eine/n professionelle/n Sozialarbeiter/in eingestellt haben sollen. Nachfragen bei den Gemeinden Lienen und Bohmte haben ergeben, dass dort Sozialarbeiter/innen beschäftigt sind. Zu ihrem Aufgabengebiet gehört jedoch nicht die Betreuung von traumatisierten oder psychisch erkrankten Flüchtlingen. Insoweit auf den Landkreis Tübingen und die Freie- und Hansestadt Bremen verwiesen wird, sind diese Kommunen sicherlich nicht geeignet, um sie mit den Bedarfen in der Gemeinde Edewecht zu vergleichen.

 

Die Kosten für eine/n in Vollzeit beschäftigte/n Sozialarbeiter/in im Alter von 40 Jahren mit zwei Kindern würden sich auf rund 65.000 € p. a. belaufen.

 

 


Beschlussvorschlag:

Der Antrag des Vereins „Runder Tisch Edewecht“ auf Beschäftigung eines/r Sozialarbeiters/in zur Begleitung von schwer traumatisierten Flüchtlingen wird abgelehnt.

 

 


Anlagen:

Antrag des Vereins „Runder Tisch Edewecht“ auf  Beschäftigung eines/r Sozialarbeiters/in zur Begleitung von schwer traumatisierten Flüchtlingen