Beschlussvorschlag:
Das städtebauliche
Einvernehmen zu den vorliegenden Torfabbauanträgen wird grundsätzlich erteilt.
Im Hinblick auf die Folgen des künftig zu erwartenden großflächigen Torfabbaus
im Gemeindegebiet von Edewecht, wovon die vorliegenden Abbauanträge nur einen
Teil erfassen, fordert die Gemeinde Edewecht eine generelle Prüfung der
Auswirkungen auf die Hydrogeologie und die Kulturlandschaft. Für die Flächen am
Fuhrkenschen Grenzweg und an der Küstenkanalstraße wird auf die Festlegungen
des Regionalen Raumordnungsprogrammes hingewiesen, wonach die Flächen nach
erfolgtem Torfabbau als Grünland bewirtschaftet werden sollen. Die Gemeinde
Edewecht fordert, diese Folgenutzung nach dem Torfabbau für die beiden Flächen
festzuschreiben. Des Weiteren wird unter Hinweis auf das raumordnerische Ziel
einer langfristigen Sicherung des Rohstoffes auf der Fläche am Blendermannsweg
angeregt, den weitergehenden Abbau von Torf dort so lange nicht zuzulassen, bis
den Antrag stellenden Firmen an anderer Stelle kein Torf mehr zur Verfügung
steht.
Sachdarstellung:
Die o. a. Firmen Schipmann und Erdenwerke Ammerland GmbH haben beim Landkreis Ammerland drei Bauvoranfragen für den Abbau von Torf im Gemeindegebiet von Edewecht eingereicht, und zwar
a) für das Flurstück 167/2 der Flur 21, belegen am Fuhrkenschen Grenzweg in Kleefeld, Größe 10,0216 ha, Eigentümer Gustav Eilers, Portsloge. Auf einer Teilfläche dieses Grundstückes wurde bereits ein Stich Torf abgebaut. Zurzeit wird die Fläche nach Angaben des Antragstellers unter Ausnahme von kleineren Flächen, auf denen sich Moorbirkenwälder befinden, als Grünland genutzt.
b) für das Flurstück 45/6 der Flur 30, belegen am Blendermannsweg in Friedrichsfehn, Größe 1,9405 ha, Eigentümer Gustav Eilers, Portsloge. Auf dieser Fläche wurde ebenfalls bereits ein Stich Torf abgebaut. Die Fläche liegt zurzeit als Grünland brach.
c) für die Flurstücke 38/7 und 38/3 der Flur 37, belegen an der Küstenkanalstraße in Jeddeloh II, Gesamtgröße 10,2318 ha, Eigentümer ebenfalls Gustav Eilers, Portsloge. Auch auf dieser Fläche wurde bereits ein Stich Torf abgebaut und die Fläche liegt ebenfalls als Grünland brach.
Dieser Beschlussvorlage liegen Übersichtspläne bei, aus denen sich die Lage der betroffenen Grundstücke ergibt. Eine vierte Bauvoranfrage der Firmen für eine Fläche an der Schoolstraat wurde inzwischen zurückgezogen. Den vorliegenden Bauvoranfragen ist gemeinsam, dass sie inhaltlich darauf ausgerichtet sind, dass ein Abbau bis auf 50 cm über den mineralischen Untergrund vorgesehen ist. Dieses und die Tatsache, dass gerade in diesem Sommer Straßen im moorigen Bereich des Gemeindegebietes unter der Trockenheit erheblich „gelitten“ haben, hat die Verwaltung zum Anlass genommen, die generellen Auswirkungen eines großflächigen Torfabbaues im Gemeindegebiet zu hinterfragen. Bekanntlich ist in der Raumordnung des Landes bzw. des Landkreises rund 1/6 des Gemeindegebietes als Vorranggebiet für den Torfabbau ausgewiesen, d. h. diese Flächen sind potentielle Abbauflächen. Daneben ist nicht ausgeschlossen, dass auch auf weiteren Flächen, die nicht Vorrangstellung genießen, Torf abgebaut wird. In der Vergangenheit wurde auf verschiedensten Flächen im Gemeindegebiet vornehmlich der Weißtorf bis zu einer Tiefe von 70 bis 80 cm unterhalb der i. d. R. 20 cm starken Bunkerdeschicht abgebaut. Erkennbar ist, dass die interessierten Firmen dazu übergehen, nunmehr auch den Schwarztorf abzubauen, was dazu führt, dass die Geländeeinschnitte erheblich tiefer werden.
Gegenüber dem Landkreis wurde die Frage aufgeworfen, ob der weitere großflächige Abbau von Torf zu hydrogeologischen Veränderungen führt mit Auswirkungen für die Standfestigkeit nicht nur der Straßen und Wege, sondern auch für die in dem Gebiet liegenden Hausgrundstücke. Daneben wurde auch die Frage aufgeworfen, ob nicht zu erwarten ist, dass der fortschreitende Torfabbau langfristig die gewachsene Kulturlandschaft beeinträchtigt. Das Schreiben der Gemeinde an den Landkreis ist dieser Beschlussvorlage beigefügt. In der letzten Woche hat zu dem geschilderten Sachverhalt im Kreishaus ein Gespräch stattgefunden. Die dabei vom Landkreis getroffenen Schlussfolgerungen zu der hydrogeologischen Situation ergibt sich aus einer nach dem Gesprächstermin verfassten Stellungnahme des Landkreises, die dieser Beschlussvorlage ebenfalls als Anlage beigefügt ist. Danach schließt der Landkreis grundsätzlich negative Auswirkungen auf den Wasserhaushalt aus.
Diskutiert wurden mit dem Landkreis auch die zu erwartenden landschaftlichen Veränderungen, die mit dem zu erwartenden verstärkten Torfabbau und den daraus resultierenden Folgenutzungen einhergehen. Die grundsätzliche Genehmigungspraxis des Landkreises geht dahin, dass bei einem Stich (ca. 80 cm Abbautiefe, i. d. R. Weißtorf) als Folgenutzung extensive Grünlandnutzung angeordnet wird. Bei größeren Abbautiefen in den Schwarztorf hinein hat auf den betroffenen Flächen i. d. R. Wiedervernässung zu erfolgen, es sei denn, es erfolgt eine Kompensation auf anderen Flächen. Die zweite Variante könnte dazu führen, dass aufgrund der Großflächigkeit des zu erwartenden Torfabbaues weite Flächen langfristig in die Wiedervernässung übergehen. Zu diesem Problem hat der Landkreis darauf verwiesen, dass für einen Teil der Vorrangflächen für die Rohstoffgewinnung im Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Vorsorgegebiete für die Grünlandbewirtschaftung unterlegt sind. Hier besteht die Abwägungsdirektive für die Genehmigungsbehörde, bei allen Abbauvorhaben zu prüfen, ob als Folgenutzung es zu einer Grünlandnutzung kommen sollte. Bei einem Abbau von einem Stich Torf ist dies – wie oben bereits dargestellt – die Regel, bei einem tieferen Abbau jedoch nicht. Letzteres hat naturschutzfachliche Gründe und steht im Zusammenhang mit dem gesetzlich geforderten Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft. Hier könnte ein Ansatz für die Gemeinde bestehen, im Rahmen ihrer Stellungnahme besonders darauf hinzuweisen, dass aus Gründen der Erhaltung der Kulturlandschaft in jedem Fall die Grünlandbewirtschaftung festgeschrieben wird. Dieses hätte allerdings Folgen für die jeweiligen Antragsteller: Diese wären u. U. gezwungen, die notwendige Kompensation an anderer Stelle durchzuführen, was aufgrund der Knappheit geeigneter Flächen zunehmend schwieriger sein dürfte. Diese Aussage betrifft die Vorranggebiete, für die der Landkreis eine kurzfristige Inanspruchnahme festgelegt hat.
Anders verhält es sich bei den Vorranggebieten für die Rohstoffgewinnung für die langfristige Inanspruchnahme. Diese Flächen sind mit Vorsorgegebieten für Natur und Landschaft unterlegt. Nach Aussage des Landkreises wird fachplanerisch gerade hier die Wiedervernässung bevorzugt. Das bedeutet, dass bei einem vorzeitigen Abbau von Torf in den betreffenden Gebieten über den ersten Stich hinaus, was nach der bisherigen Genehmigungspraxis des Landkreises nicht ausgeschlossen ist, eine Grünlandbewirtschaftung eher unwahrscheinlich ist.
Aus dem dieser Beschlussvorlage als weitere Anlage beigefügten Auszug aus dem Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises können die festgelegten Vorranggebiete für die Rohstoffgewinnung entnommen werden. Das T im Kreis steht für den Rohstoff Torf, Römisch I für kurzfristige Inanspruchnahme, Römisch II für langfristige Inanspruchnahme. Ein weiterer Übersichtsplan verdeutlicht den Umfang der Vorranggebiete.
Letztlich regt der Landkreis an, die Gemeinde möge selbst prüfen, ob sie nicht im Rahmen der Flächennutzungsplanung zur Steuerung des Torfabbaues im Gemeindegebiet beiträgt, insbesondere in der Weise, dass sie die zeitliche Folge für die abzubauenden Flächen festlegt und möglicherweise Flächen, die in der Raumordnung des Landkreises nicht als Vorranggebiete für die Rohstoffgewinnung festgeschrieben sind, von einem Torfabbau ausschließt.
Festzuhalten ist zu dieser Anregung des Landkreises zunächst, dass die Gemeinde im Rahmen ihrer Planung Flächen, die in der Raumordnung als Vorranggebiete festgelegt sind, nicht vom Torfabbau ausschließen kann. Dieses verbietet schon die Anpassungspflicht aus § 1 Abs. 4 Baugesetzbuch, wonach die gemeindlichen Planungen an die Ziele der Raumordnung anzupassen sind. Inwieweit dann noch gemeindliche Planungen zur Steuerung des Torfabbaues einen Sinn machen, müsste zunächst geprüft werden, zumal in der Vergangenheit das Gros der Abbauflächen in den Vorranggebieten gelegen hat, weil dort eben die verwertbaren Rohstoffe vorzufinden sind. Dieses gilt auch für die grundsätzliche Frage, ob eine solche gemeindliche Planung rechtlich zulässig ist. Wenn diese Frage bejaht werden sollte, erfordert eine solche Planung einen erheblichen Planungs- und damit Kostenaufwand, weil sie neben der eigentlichen Flächennutzungsplanung für weit über 1/6 des Gemeindegebietes auch die Erarbeitung eines umfassenden Umweltberichtes erfordert.
Zu den drei vorliegenden
Bauvoranfragen der Firmen Schipmann und Erdenwerke ist zunächst anzumerken,
dass aus der Sicht der gemeindlichen Planungshoheit der Gemeinde heraus derzeit
keine städtebaulichen Gesichtspunkte erkennbar sind, die es rechtfertigen
würden, das Einvernehmen zu versagen. Fragen der verkehrlichen Erschließung der
Abbauflächen, des Nachbarschutzes (u. a. Lärm) usw. wären in den einzelnen,
später noch folgenden Genehmigungsverfahren zu prüfen. Allerdings sollte die
Gemeinde mit Blick darauf, dass ein Abbau bis auf 50 cm über dem mineralischen
Untergrund angedacht ist, bereits jetzt in ihrer Stellungnahme auf die Folgen
für die Hydrogeologie hinweisen. Das gleiche gilt für die hydrogeologischen,
aber auch die landschaftlichen Veränderungen nicht nur bezogen auf die jetzt
anstehenden Vorhaben, sondern auf die Gesamtentwicklung bei einem
fortschreitenden Torfabbau, welcher durch die Raumordnung des Landes und des
Landkreises für das Gemeindegebiet von Edewecht vorgezeichnet ist. Die Vorhaben
am Fuhrkenschen Grenzweg und an der Küstenkanalstraße liegen in einem
Vorranggebiet mit kurzfristiger Inanspruchnahme. Hier sollte die Gemeinde
fordern, dass als Folgenutzung Grünlandbewirtschaftung festgelegt wird. Die
Fläche am Blendermannsweg liegt in einem Vorranggebiet mit langfristiger
Inanspruchnahme. Bislang wurde in diesen Gebieten der vorzeitige Torfabbau vom
Landkreis nur dann genehmigt, wenn eine Firma in einem Vorranggebiet für die
kurzfristige Inanspruchnahme keine Flächen für sich erschließen konnte. Dieses ist
im vorliegenden Fall offensichtlich nicht der Fall, weil die Antragsteller
gleichzeitig Anträge für andere Flächen eingereicht haben. Hierauf sollte in
der Stellungnahme der Gemeinde hingewiesen werden.
Anlagen:
- Drei Übersichtspläne über die beantragten Abbauflächen in Kleefeld, Friedrichsfehn und Jeddeloh II
- Schreiben der Gemeinde an den Landkreis vom 11.09.2009 zur grundsätzlichen Problematik Hydrogeologie und Landschaft (die angesprochenen Bilder sind hier nicht beigefügt)
- Antwort des Landkreises vom 02.11.2009
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Auszug aus der zeichnerischen Darstellung des
Regionalen Raumordnungsprogramms des Landkreises einschl. Planzeichenerklärung
sowie Übersichtsplan mit Darstellungen der Vorrang- und Vorsorgegebiete für
Rohstoffgewinnung