Betreff
22. Änderung des Flächennutzungsplanes 2013 und Bebauungsplan Nr. 198 für die Ausweisung von Wohnbau- und Mischgebietsflächen in Jeddeloh II nördlich der Gartenstraße,
Erarbeitung der Vorentwürfe und Durchführung der frühzeitigen Öffentlichkeits- un d Behördenbeteiligung gemäß §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 BauGB
Vorlage
2021/FB III/3481
Aktenzeichen
FB III - Kn
Art
Beschlussvorlage

Finanzierung:

Die zur Durchführung des Bauleitplanverfahrens erforderlichen Mittel stehen im Ergebnishaushalt zur Verfügung.

 

 


Sachdarstellung:

 

Rückblick

Bereits in seiner Sitzung am 26.11.2019 wurde nach vorheriger Beratung im Bauausschuss am 19.11.2019 vom Verwaltungsausschuss die Durchführung einer 22. Änderung des Flächennutzungsplanes 2013 sowie die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 198 „nördlich der Gartenstraße“ in Jeddeloh II beschlossen. Durch diese Flächenausweisung soll für den Ort Jeddeloh II auf lange Sicht insbesondere der Bedarf an Wohnbauflächen gedeckt werden. Das Plangebiet umfasst im Wesentlichen das Flurstücke 20/19 und 20/20 der Flur 39 und hat eine Gesamtfläche von etwa 8 ha, wovon rd. 6,6 ha auf die Gemeinde Edewecht zur Entwicklung eines allgemeinen Wohngebietes entfallen. Bezüglich der oben genannten Aufstellungsbeschlüsse wird auf die Beratungsvorlage 2019/FB III/3172 verwiesen. Die Abgrenzung des Plangebiets kann der Anlage Nr. 1 entnommen werden.

 

Wesentliche planungsrelevante Belange

 

Raumordnung

Die Bereiche nördlich der Gartenstraße liegen am Rande eines über das Landesraumordnungsprogramm 2017 (LROP) festgelegten Vorrangebietes „Torferhalt“ (VTE). Die Kategorie der Torferhaltungsgebiete ist im Zuge der Neuaufstellung des LROP 2017 neu in die Landesraumordnung aufgenommen worden. Auf Flächen mit dieser Festlegung sind die vorhandenen Torfkörper in ihrer Funktion als Kohlenstoffspeicher zu erhalten.

 

Vor der Einleitung weiterer formeller Planungsschritte war daher im vergangenen Jahr zunächst mit dem Land Niedersachsen sowie dem Landkreis Ammerland als unterer Landesplanungsbehörde zu klären, welche Anforderungen an die Planung zu stellen sind um den Belangen der Raumordnung zu entsprechen. Hierbei wurde herausgearbeitet, dass es zur Vermeidung der Verletzung des raumordnerischen Zieles des Torferhaltes in Bezug auf die im LROP festgelegte Fläche sicherzustellen ist, dass durch das in Richtung dieser Fläche geplante Baugebiet eine die Torfzehrung beschleunigende Entwässerungswirkung verhindert werden kann.

 

Es war also zu klären, ob durch ein Baugebiet eine entwässernde Wirkung auf benachbarte Torfkörper ausgelöst wird und, wenn ja, wie ausgeprägt dieser Effekt ist. Weiter war zu klären, durch welche Maßnahmen ein derartiger Effekt vermieden werden kann, so dass eine die Ziele der Raumordnung verletzende nachteilige Wirkung auf die angrenzenden Torfkörper ausgeschlossen werden kann.

 

Zu diesem Zweck ist über den Frühling bis in den Sommer 2020 eine hydrogeologische Begutachtung der Fläche durchgeführt worden. Anhand von Grundwassermessstellen wurde in diesem Zeitraum das Wasserspeicherverhalten sowie das Fließverhalten des Grundwassers im Übergangsbereich zwischen der Siedlung an der Gartenstraße und dem geplanten Neubaugebiet untersucht um hieraus Analogien für den künftigen Übergangsbereich von Neubaugebiet zur freien Landschaft ableiten zu können.

 

Als wesentliche Ergebnisse hat die Begutachtung zum einen gezeigt, dass durch das Baugebiet keine weit in das Umfeld hineinreichende Entwässerungswirkung ausgelöst wird. Zum anderen konnte der Effekt nachgewiesen werden, dass durch die randliche Einfassung des gesamten Baugebiets durch eine im Torfkörper hergestellte Mulde, die gleichzeitig durch das im Baugebiet anfallende Niederschlagswasser gespeist wird eine Sogwirkung durch das Baugebiet auf die Wasserstände im Torfkörper vermieden werden kann. Hierdurch wären Abdichtungen und ähnliches zwischen Torfkörper und Baugebiet nicht erforderlich. Das Gutachten ist als Anlage Nr. 2 beigefügt.

 

Durch den Landkreis Ammerland als untere Raumordnungsbehörde ist die Angelegenheit in raumordnerischer Hinsicht geprüft worden. Hierbei wurde das Gutachten des Büros Böker und Partner in fachlicher Hinsicht durch die untere Wasserbehörde auf Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit geprüft.

 

Da die Aussagen des Gutachtens als korrekt und nachvollziehbar einzuordnen sind, sieht der Landkreis als untere Raumordnungsbehörde den Nachweis in erforderlichem Umfang als erbracht an, dass durch die im Gutachten beschriebenen Maßnahmen eine nachhaltig negative Auswirkung auf die Erhaltungsziele der landesraumordnerisch festgelegten Torferhaltungsgebiete angrenzend an das geplante Wohnbaugebiet vermieden werden kann.

 

Ein Widerspruch der Baugebietsausweisung zu den Zielen der Raumordnung wird unter Beachtung der Empfehlungen des Gutachtens deshalb vom Landkreis nicht gesehen, so dass den Belangen der Raumordnung durch die Planung entsprochen werden kann.

 

Exkurs Erschließungsplanung

Hieraus folgt allerdings mit Blick auf die Erschließungsplanung ein erhöhter Aufwand bei Planung und Umsetzung der konkreten Schutzmaßnahmen. Auch die Planung der Erschließungsanlagen einschließlich Oberflächenentwässerung und Niederschlagswassermanagement sind mit Blick auf eine möglichst umfassende Rückhaltung innerhalb des Baugebiets und der Übergangszone zum Torfkörper auf den Schutz der Torferhaltungsfläche auszurichten.

 

Artenschutzrechtliche Belange

Ein weiterer Aspekt der Planung ist die Einordnung und Berücksichtigung der Artenschutzrechtlichen Belange. Die hierfür erforderlichen Untersuchungen sind in der Regel über einen längeren Zeitraum durchzuführen und teilweise an bestimmte Jahreszeiten gebunden.

 

Die fachliche Abschätzung des Potenziales des Plangebietes für die Avifauna (Brutvögel und Fledermäuse) sowie für Amphibien ist in den Wintermonaten erfolgt. Die Wintermonate wurden hierbei insbesondere mit Blick auf die Bedeutung des Gebietes für Fledermäuse genutzt, da zu diesem Zeitpunkt potenzielle Bruthöhlen besser auffindbar sind und eine Einordnung erleichtern. Weiterhin konnten so vor Beginn der Vegetationsperiode die Ergebnisse und der sich daraus ergebende konkrete Untersuchungsrahmen für die anstehende Vegetationsperiode mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt werden. Die Potenzialabschätzung liegt als Anlage Nr. 3 bei. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass insbesondere eine intensive Untersuchung des Plangebiets unter dem Aspekt der Bedeutung als Brutrevier für Wiesenvögel zu erfolgen hat.

 

Verkehrliche Belange

Für das künftige Baugebiet soll im Bereich der Wischenstraße für die bei der ehemaligen Hofstelle verbleibenden Flächen ein Mischgebiet festgesetzt werden. Die verkehrliche Erschließung dieses Bereiches wird ausschließlich über die bestehende private Wegefläche von der Wischenstraße erfolgen. Mit der Mischgebietsausweisung werden die entlang der Wischenstraße bestehende gewerblich/gemischten Nutzungen aufgegriffen und in planerischer Hinsicht eine Abstufung zwischen den rein gewerblichen Nutzungen und dem künftigen Wohngebiet gewährleistet.

 

Der ganz überwiegende Anteil des Plangebietes (Bruttofläche rd. 6 ha) soll als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen werden. Diese Fläche, auf der nach vollständiger Umsetzung über 70 neue Baugrundstücke entstehen können, soll über zwei Anschlüsse an die Gartenstraße erschlossen werden. Auch wenn die Erschließung des Gebietes in mehreren Bauabschnitten erfolgen soll, so dass mit einer vollständigen Umsetzung des Baugebietes erst in etlichen Jahren zu rechnen ist, sind bereits zu Beginn der Planung die verkehrlichen Auswirkungen unter der Prämisse der vollständigen, maximal zu erwartenden Anzahl an Wohnungen zu prognostizieren. Eine erste Einschätzung hierzu liegt inzwischen vom Büro Zacharias Verkehrsplanungen, Hannover, vor und ist als Anlage Nr. 4 beigefügt. Die Voruntersuchung sieht die Leistungsfähigkeit der vorgelagerten Gartenstraße auch bei vollständiger Umsetzung des Baugebiets grundsätzlich als gegeben an, zeigt aber auch näheren Untersuchungsbedarf insbesondere hinsichtlich der Einmündungssituation der Gartenstraße auf die Wischenstraße auf. Dieser Belang ist daher im weiteren Verfahren vertiefend zu prüfen. Hierzu werden im ersten Verfahrensschritt der frühzeitigen Behördenbeteiligung auch entsprechende Hinweise von fachbehördlicher Seite erwartet.

 

Vorgezogene Einwohnerbeteiligung

Vor der Beratung konkreter Vorentwürfe und der Einleitung des förmlichen Planverfahrens sollte eine vorgezogene Beteiligung der Einwohner in Jeddeloh II erfolgen. Durch die Beteiligung sollte der Öffentlichkeit die Gelegenheit gegeben werden, ihre Anregungen unmittelbar in die Planung einzubringen. Wie oben bereits beschrieben war die erste Jahreshälfte 2020 geprägt von der Klärung und planerischen Bewältigung der raumordnerischen Anforderungen an die Planung. Die dann für den Herbst vorgesehene Präsenzveranstaltung konnte dann aufgrund der Corona bedingten Inzidenzlage nicht durchgeführt werden, so dass auf eine rein digitale Beteiligungsmöglichkeit ausgewichen werden musste. Die zur Information und Beteiligung bereitgestellten Unterlagen sind der Anlage Nr. 5 zu entnehmen.

 

Die Beteiligungsmöglichkeit wurde über den Winter recht rege genutzt. Neben Fragen zu den zu erwartenden Grundstückspreisen, Vergabebedingungen und Zeitschienen wurden auch Fragen und Anregungen eingereicht, die in bauleitplanerischer und erschließungstechnischer Hinsicht im weiteren Verfahren zu berücksichtigen sind. Eine Zusammenstellung dieser planungsrelevanten Anregungen ist als Anlage Nr. 6 beigefügt.

 

Einleitung des förmlichen Planverfahrens

Unter Berücksichtigung aller vorgenannten Aspekte und Anregungen entstehen derzeit ein städtebauliches Konzept für das Plangebiet sowie die konkreten Vorentwürfe der Bauleitpläne. Diese können in der Sitzung des Bauausschusses vorgelegt und mit dem Ziel eingehend beraten werden, das förmliche Beteiligungsverfahren zur 22. Änderung des Flächennutzungsplanes sowie zum Bebauungsplan Nr. 198 „nördlich Gartenstraße“ einzuleiten. Konzept und Bauleitplanung werden durch das Büro Diekmann – Mosebach und Partner, Rastede, erarbeitet. Es wird angestrebt, die Vorentwurfsunterlagen in der kommenden Woche im Vorfeld der Sitzung nachzureichen. Herr Olaf Mosebach und Frau Janina Lasar werden die Planungsinhalte in der Sitzung vorstellen und stehen für Erläuterungen zur Verfügung.

 

 


Beschlussvorschlag:

  1. Aufgrund der Vorschriften des Baugesetzbuches (BauGB) in der zurzeit geltenden Fassung soll für den sich aus der Anlage Nr. 1 der Beschlussvorlage zu TOP 7 der Sitzung des Bauausschusses am 13.04.2021 ergebenden Bereich eine 22. Änderung des Flächennutzungsplanes 2013 durchgeführt und für den sich ebenfalls aus der Anlage Nr. 1 der Beschlussvorlage zu TOP 9 der Sitzung des Bauausschusses am 19.11.2019 ergebenden Bereich der Bebauungsplan Nr. 198 „nördlich Gartenstraße“ in Jeddeloh II aufgestellt werden.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, auf Grundlage der in der Sitzung des Bauausschusses am 13.04.2021 erarbeiten Vorentwürfe die frühzeitige Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung gemäß §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 BauGB durchzuführen.

 

 

 


Anlagen:

-       Geltungsbereiche

-       Hydrogeologisches Gutachten

-       Artenschutzrechtliche Potenzialabschätzungen

-       Verkehrseinschätzung

-       Unterlagen der Online-Beteiligung

-       Zusammenstellung der planerischen Anregungen