Sachdarstellung:
In
der Gemeinde Edewecht bestehen derzeit für fünf Spielhallen baurechtliche
Genehmigungen. Die Lage der baurechtlich genehmigten Standorte kann der Anlage Nr. 1 entnommen werden.
Rechtlich zu trennen von der baurechtlichen Erlaubnis, Räumlichkeiten für den
Betrieb einer Spielhalle zu nutzen, ist die gewerberechtliche Erlaubnis, die
sog. Spielhallenkonzession. Mit entsprechender Konzession betrieben werden
derzeit tatsächlich drei Spielhallen. Auch diese Standorte können der oben
genannten Anlage entnommen werden. In den übrigen Gemeindeteilen sind keine
Spielhallen vorhanden.
Neben den
Spielhallen existieren in verschiedenen Gastronomiebetrieben noch einige
Geldspielgeräte.
Es
lässt sich feststellen, dass mit dieser Anzahl an genehmigten bzw. derzeit
tatsächlich betriebenen Spielhallen insbesondere für den Bereich von Süd
Edewecht eine beachtliche Dichte an Glücksspielangeboten existiert.
Die
Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession im gewerberechtlichen Sinne
ergeben sich unter anderem aus dem Niedersächsischen Glücksspielgesetz. Die
Rahmenbedingungen für das Glücksspielwesen wurden im Jahre 2012 durch Änderung
des Glückspielstaatsvertrages (GlüStV) neu geregelt. Aufgrund des zwischen den
Bundesländern geschlossenen GlüStV war in der Folge das Niedersächsische
Glücksspielgesetz (NGlüSpG) an die neuen Vorgaben anzupassen. Die wesentlichen
Ziele des GlüStV und damit auch des NGlüSpG sind zum einen, das Entstehen von
Glücksspielsucht zu verhindern und zum anderen – in Anerkennung des natürlichen
Spieltriebs der Bevölkerung - ein begrenztes Glücksspielangebot vorzuhalten, um den Spieltrieb in geordnete
und überwachte Bahnen zu lenken.
Die
Bedeutung des Glücksspiels als Suchtfaktor und damit das Erfordernis für
präventive Maßnahmen zur Regulierung des Glücksspielangebots insbesondere in Form von Geldspielgeräten wird
z.B. in fachlicher Hinsicht durch die nachfolgenden Aussagen der Deutschen
Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) belegt (in: Prävention der Glücksspielsucht,
Memorandum der Deutschen HauptsteIle für Suchtfragen e.v., 2007):
Ø Alle
vorliegenden Studien belegen, dass das Suchtpotenzial bei Geldspielgeräten
unter allen Glücksspielen am höchsten ist. Das gewerbliche Automatenspiel hat
aus Sicht der DHS sowie allen bekannten Forschungsergebnissen den mit Abstand
größten Anteil an der Entstehung pathologischen Glücksspielverhaltens.
Ø Es
besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der leichten Verfügbarkeit und
Griffnähe eines Spielangebotes und einem verstärkten Nachfrageverhalten. Ein
dichtes Netzwerk an Glücksspielangeboten einschließlich einer extensiven
Vermarktung senkt potentielle Hemmschwellen und fördert die gesellschaftliche
Akzeptanz von Glücksspielen.
Ø Jegliche
Expansion des Glücksspielmarktes führt zu einer Ausweitung glücksspielbezogener
Probleme auf individueller und sozialer Ebene. Es folgt zwangsläufig eine
Zunahme der Zahl problematischer und süchtiger Glücksspieler, die sich selbst,
ihre Familien und das Sozialsystem schädigen.
Ø Verhältnispräventive
Ansätze, die das Angebot verteuern, es einschränken und den Zugang erschweren,
sind das Mittel der Wahl, wenn es um effektive Begrenzung der Glücksspielsucht
geht. Aus suchtpräventiver Sicht ist daher eine Marktbegrenzung zu fordern.
Als
ein Instrument der Suchtprävention wurden daher in GlüStV und NGlüSpG
Regelungen zur Beschränkung von Spielhallen aufgenommen. Zum einen sind danach
sog. Mehrfachkonzessionen, also mehrere Spielhallen nebeneinander in einem
Gebäude (unter einem Dach) nicht mehr zulässig. Diese Regelung hatte z.B. für
den Standort Hauptstraße 118 bereits zur Folge, dass eine der zwei dort
zunächst nach alter Rechtslage erteilten Konzessionen mittlerweile
zurückgegeben werden musste. Als weitere Regelung zur Beschränkung wurde eine
Abstandsregelung in das NGlüSpG aufgenommen, wonach Spielhallen untereinander
einen Mindestabstand von 100 m (Luftlinie) einzuhalten haben. Darüber hinaus
erteilt das NGlüSpG den Gemeinden die Verordnungsermächtigung, bei Vorliegen
eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse für ihr
Gebiet oder Teile davon einen geringeren Mindestabstand von mindestens 50
Metern oder einen größeren Mindestabstand von bis zu 500 Metern festzulegen.
Die Festlegung eines höheren Mindestabstandes erfordert somit, dass die o.g.
Voraussetzungen (öffentliches Bedürfnis oder besondere örtliche
Verhältnisse) vorliegen. Eine Legaldefinition dieser Rechtsbegriffe ist durch den Gesetzgeber
nicht erfolgt, so dass deren Sinngehalt durch Auslegung zu ermitteln ist.
Hierbei ist eine Interessensabwägung vorzunehmen, bei der die rechtsstaatlichen
Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt
werden müssen. Die rechtliche Prüfung erstreckt sich hierbei auch auf den
sachlichen, räumlichen und zeitlichen Umfang der Abweichung. So kann hier gesagt werden,
dass ein öffentliches Bedürfnis gegeben ist, wenn hinreichende Gründe
vorliegen, die eine solche Regelung im Interesse der Allgemeinheit angezeigt
erscheinen lassen. Besondere örtliche Verhältnisse liegen vor, wenn die
Verhältnisse im örtlichen Bereich sich so von den Verhältnissen anderer
örtlicher Bereiche unterscheiden, dass deswegen eine Abweichung gerechtfertigt
erscheint.
Aus
der Anlage Nr. 2 kann entnommen werden, dass die genehmigten
Spielhallenstandorte in Edewecht den gesetzlich normierten Mindestabstand von
100 m deutlich einhalten. Erkennbar
wird beim Blick auf die Karte auch, dass die Einhaltung des gesetzlichen
Mindestabstands durch die besondere städtebauliche Struktur Edewechts als lang
gezogenes Reihendorf begünstigt wird und für eventuell weitere Spielhallenstandorte
noch deutlich Raum lässt.
Die
Zielsetzung des NGlüSpG und damit das darin formulierte Interesse der
Allgemeinheit ist, das Entstehen von Glückspielsucht und Wettsucht zu
verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu
schaffen. Mit Blick auf diese Zielsetzung ist es angesichts des räumlichen
Potenzials für weitere Spielhallen, das trotz der bereits bestehenden
Spielhallen in Edewecht noch vorhanden ist, angezeigt, die Möglichkeiten
auszuschöpfen, die vom Gesetzgeber zu diesem Zweck bereitgestellt werden.
Auch
hinsichtlich des Gesamtaufkommens an Spielgeräten im Verhältnis zur
Einwohnerzahl stellen sich die örtlichen Verhältnisse in Edewecht durchaus in
einer Weise abweichend zum Durchschnitt in Niedersachsen dar. Durch den Arbeitskreis gegen
Spielsucht e.V. werden alljährlich
Erhebungen u.a. zum Verhältnis der Anzahl
der in Spielhallen genehmigten Geldspielgeräte je Einwohner durchgeführt (Die
Geldspielgeräte in Gaststätten bleiben bei dieser Erhebung außer Betracht). Aus der Erhebung für das Jahr
2014 geht hervor, dass in Niedersachsen auf 325,27 Einwohner ein Geldspielgerät
kommt. Bei einem Bundesdurchschnitt von 378,11 Einwohnern je Geldspielgerät und unter Heranziehung der oben
genannten Zusammenhänge zwischen Anzahl von Geldspielgeräten und Suchtpotenzial
gilt damit Niedersachsen bereits als glücksspielgefährdetes Gebiet.
In
der gesamten Gemeinde Edewecht sind derzeit in Spielhallen 37 Geldspielgeräte
vorhanden (einschließlich des zwar kürzlich abgemeldeten Standorts Hauptstraße
111, der aber jederzeit wieder aufleben könnte). In dem baurechtlich
genehmigten, derzeit aber noch nicht betriebenen Standort Hauptstraße 162 ist
der Betrieb von weiteren mindestens 8 Geldspielgeräten möglich. Gesehen auf die
Gesamteinwohnerzahl der Gemeinde Edewecht von rd. 21.800 Einwohner erscheint die
Dichte der Geldspielgeräte mit 589,19 Einwohnern je Geldspielgerät zunächst
eher gering. Unter Berücksichtigung von 8 weiteren Geldspielgeräten am Standort
Hauptstraße 162 würde sich der Wert auf 484,44 Einwohner je Spielgerät
verringern.
Der
o.g. Wert für Niedersachsen stellt allerdings den gesamten Landesdurchschnitt
dar. Er erfasst somit auch die erfahrungsgemäß deutlich stärker mit Spielhallen
belasteten Ballungsräume, die darüber hinaus noch mit ihrer Anziehungskraft ins
Umland hineinwirken. Dagegen weist der ländliche Raum in deutlich geringerer
Anzahl Geldspielgeräte auf.
Es
wäre im Sinne der Suchtprävention sicherlich nicht angemessen, in ländlichen
Räumen nur dann besondere örtliche Verhältnisse als gegeben gelten zu lassen, wenn auch unter Einbeziehung
des gesamten, unter Umständen sehr weitläufigen Gemeindegebiets eine über den
Landesdurchschnitt hinausgehende Geldspielgerätedichte vorhanden ist. Hier scheint
es vielmehr angezeigt,
den Spielhallen
einen realistischen Einzugsbereich zuzuordnen.
Für
die im Ort Edewecht vorhandenen Geldspielgeräte wären daher vielmehr die
Einwohnerzahlen der Ortsteile Süd Edewecht, Nord Edewecht I, Nord Edewecht II
und Portsloge zugrunde zu legen. Bei
dieser Betrachtung ergäbe sich eine Geldspielgerätdichte von 230,38 Einwohnern
je Geldspielgerät. Bei einer Einbeziehung der umliegenden Bauerschaften
Husbäke, Jeddeloh I und II, Osterscheps und Süddorf erhöht sich dieser Wert auf
377,46 Einwohner je Geldspielgerät und liegt damit noch unter dem
Bundesdurchschnitt. Unter Berücksichtigung von 8 möglichen weiteren
Spielgeräten am Standort Hauptstraße 162 ergäbe sich ein Durchschnitt von
310,36 Einwohnern je Geldspielgerät.
Aus
diesen Betrachtungen lässt sich somit ableiten, dass die Gemeinde Edewecht mit
den vorhandenen genehmigten Geldspielgeräten als ländlich strukturierte
Flächengemeinde durchaus bereits heute über eine hohe Geldspielgerätdichte
verfügt. Die besonderen örtlichen Verhältnisse lassen es daher angezeigt
erscheinen, im Sinne der größtmöglichen Suchtprävention den vom Gesetzgeber
eröffneten Rahmen vollständig auszuschöpfen und durch Verordnung einen
Mindestabstand zwischen den Spielhallen von 500 m festzulegen.
Durch
Festlegung dieses Mindestabstandes würde ein wichtiger Baustein zur
Verhinderung von Spielsucht genutzt werden, indem das Angebot an die die
Spielsucht fördernden Gelegenheiten innerhalb kurzer Wegstrecken verringert
würde. Der Spieler kommt nicht sofort
beim Verlassen einer Spielhalle wieder in die Versuchung, erneut zu spielen. Beim Zurücklegen einer
längeren Wegstrecke kann er seine Gedanken sortieren, neu ordnen und
gegebenenfalls vom unkontrollierten Spielverhalten Abstand nehmen.
Mit
der Festlegung von Mindestabständen will der Gesetzgeber erreichen, dass
Spielhallen nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander, gewissermaßen „Tür
an Tür" mit der Folge einer Ballung dieser Betriebe bestehen sollen. Die
Festlegung eines Mindestabstands von 500 Metern soll der spielenden Person nach
Verlassen einer Spielhalle die Möglichkeit eröffnen, einen inneren Abstand vom
gerade beendeten Spiel an einem Geldspielgerät oder der Teilnahme an einem
anderen Spiel zu finden. Sie soll die Chance erhalten, ihr Verhalten zu
reflektieren und zu einer möglichst unbeeinflussten Eigenentscheidung kommen,
ob sie das Spiel fortsetzen möchte.
Durch
die Festlegung werden die derzeitigen Spielhallen nicht in ihrem Bestandsschutz
berührt. Bei zukünftigen Konzessionsanträgen wäre dieser Abstand allerdings
einzuhalten. Die Festlegung eines Abstandes von 500 m zwischen zwei Spielhallen
würde andererseits nicht die Eröffnung weiterer Spielhallen ausschließen, die
diesen Abstand nachweisen können. Insofern wird trotz der Ausschöpfung des
gesetzlichen Rahmens nicht die Möglichkeit der Bereitstellung eines
angemessenen Glücksspielangebots unterbunden.
Derzeit
bestehen ausschließlich in den Ortsteilen Nord Edewecht I und Süd Edewecht
Spielhallen. Insbesondere in Süd Edewecht hat sich eine gewisse Häufung von
Spielhallen entwickelt. Allerdings besteht grundsätzlich auch in anderen
Ortsteilen theoretisch die Möglichkeit, Spielhallen zu errichten. In Anbetracht
der obigen Ausführungen zur bestehenden Geldspielgerätedichte im Einzugsbereich
der im Ort Edewecht vorhandenen Geräte und hinsichtlich der Intention des
Gesetzgebers, durch die Festlegung eines Mindestabstandes einen Beitrag zur
Suchtprävention zu leisten, sollte für das gesamte Gemeindegebiet ein
Mindestabstand zwischen Spielhallen von 500 m festgelegt werden, dieses insbesondere
mit Blick auf das Grundzentrum Friedrichsfehn.
Die
bauplanungsrechtliche Situation lässt in Friedrichsfehn theoretisch für nahezu
den gesamten Bereich der Ortsdurchfahrt der Friedrichsfehner Straße die Errichtung
von Spielhallen zu.
Bei Festlegung
eines Mindestabstandes von 500 m wären in der Ortsdurchfahrt der
Friedrichsfehner Straße die Möglichkeiten für die Errichtung von Spielhallen
zukünftig erheblich eingeschränkt.
Der
Entwurf für eine entsprechende Verordnung liegt als Anlage Nr. 3 bei.
Anzumerken
ist, dass es sich bei der vorliegenden Verordnung um ein Steuerungsinstrument
für Spielhallen auf gewerberechtlicher Ebene handelt, die auf Suchtprävention
abzielt. In städtebaulicher Hinsicht wird hierdurch nur indirekt eine gewisse
Wirkung erzielt, da lediglich ein Mindestabstand zu bereits bestehenden
Spielhallen festgelegt wird.
Um
eine gezielte räumliche Steuerung von Vergnügungsstätten in Form von
Spielhallen vornehmen zu können, bedarf es dagegen der Anwendung entsprechender
bauplanungsrechtlicher Instrumente. Diesbezüglich ist durch die BauGB-Novelle
2013 den Gemeinden durch Einführung des § 9 Abs. 2b BauGB ein Instrument zur
erleichterten Steuerung von Vergnügungsstätten mittels eines einfachen
Bebauungsplanes an die Hand gegeben worden.
Die
Anwendung dieses Instrumentes erfordert allerdings eine detaillierte,
flächendeckende Herausarbeitung der städtebaulichen Situation und eine
entsprechende Darlegung der durch Spielhallen hervorgerufenen negativen städtebaulichen
Folgen. Für viele
Bereiche im Gemeindegebiet dürfte dieses nur schwer zu begründen sein.
Tatsächlich wurden in der Vergangenheit im Gemeindegebiet von Edewecht
lediglich im Bereich Grubenhof in Edewecht mit entsprechender Begründung im
Bebauungsplan Nr. 64 Spielhallen ausgeschlossen.
Die Verwaltung schlägt daher vor, auf der Grundlage einer von der Gemeinde zu verabschiedenden Verordnung nach dem Nds. Glücksspielgesetz die Möglichkeiten zur Errichtung von Spielhallen im Gemeindegebiet von Edewecht zu begrenzen.
Beschlussvorschlag:
Dem
Entwurf der Verordnung über den Mindestabstand von Spielhallen in der Gemeinde
Edewecht (Mindestabstandsverordnung) wird zugestimmt. Die Verwaltung wird
beauftragt, die Verordnung durch Veröffentlichung im Amtsblatt für den
Landkreis Ammerland in Kraft zu setzen. Auf die Bekanntmachung ist in der
Nordwest-Zeitung – Ammerländer Teil – hinzuweisen.
Anlagen:
- Übersicht baurechtlich genehmigte Spielhallenstandorte
- Übersichtsplan mit Abständen sowie Abstandsradien 100 und 500 m
- Entwurf einer Verordnung über Mindestabstände