Betreff
Überprüfung der Festsetzungen hinsichtlich der Höchstzahl der zulässigen Wohnungen in Wohngebäuden
Vorlage
2018/FB III/2660
Aktenzeichen
FB III - Ko
Art
Beschlussvorlage

Sachdarstellung:

Wie hinlänglich bekannt ist, herrscht derzeit bei Immobilien ein Verkäufermarkt vor. Die Nachfrage an Baugrundstücken und Wohnungen kann schon seit längerer Zeit nicht vollständig gedeckt werden. Auch innerhalb Edewechts ist dieser Trend deutlich spürbar. Als ohnehin attraktiver Wohnort kommt als begünstigender Faktor eine hohe Nachfrage aufgrund der Nähe und guter Anbindung zur Stadt Oldenburg hinzu. Es lässt sich heute nicht erkennen, dass die Nachfrage an Wohnraum in Edewecht in nächster Zeit abnehmen wird.

 

Derzeit haben sich fast 100 Personen in den Bewerberlisten für Baugrundstücke in Edewecht fast 500 für Friedrichsfehen eingetragen. Nur einer geringen Anzahl dieser Personen kann durch stetige Ausweisung neuer Bebauungspläne ein Bauplatz angeboten werden. Auch der Wohnungsmarkt ist in Edewecht größtenteils gesättigt, freie Mietwohnungen sind rar.

 

Um der Situation gerecht zu werden, wurden in den jüngsten Planungen und Grundstücksvergaben auch Bauplätze aufgenommen, welche für die Schaffung von Mietwohnungen vorgesehen sind. Neben der öffentlichen Hand haben Privatpersonen den derzeitigen Markt erkannt. Investoren sind stetig auf der Suche nach Grundstücken, auf denen kompakt Wohnraum geschaffen und vermarktet werden kann. Solche Grundstücke finden sich zumeist außerhalb der für die Edewechter Ortschaften typischen Siedlungen mit Ein- bzw. Zweifamilienhäusern.

 

Aber auch innerhalb der entwickelten Siedlungen werden die Möglichkeiten für die Schaffung mehrerer Wohnungen auf einem Grundstück von den Anwohnern hinterfragt. Teils sehen sich Eigentümer in den entwickelten Lagen damit konfrontiert, dass sie Vorhaben mit mehreren Wohnungen in einem Gebäude oder kleinere Gebäude auf einem Grundstück nicht realisieren können, da die Bebauungspläne in Wohngebieten in aller Regel maximal zwei Wohnungen in einem Gebäude vorsehen. Aktuell liegen der Gemeinde sowohl aus Friedrichsfehn als auch aus Edewecht entsprechende Anträge vor, welchen ohne eine Änderung der Bauleitpläne nicht genehmigungsfähig sind.

 

 

Innenverdichtung nach BauGB:

Auch der Bundesgesetzgeber hat den wachsenden Flächenbedarf erkannt. Da der Wuchs von Siedlungsstrukturen immer mit Auswirkungen auf die Umgebung einhergeht wurde 2013 mit dem Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklungen des Städtebaurechts für städtebauliche Entwicklung aufgenommen, dass diese vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen soll. Mit dieser Fokussierung der bauleitplanerischen Tätigkeit soll angestrebt werden, dass durch die zu deckende Nachfrage an Wohnraum Flächen der Landwirtschaft oder anderer Nutzungen des Außenbereichs nicht entzogen werden. Zudem soll der Erholungswert des Außenbereichs bewahrt werden. Wie genau diese Innenentwicklung erfolgen soll, wird nicht näher ausgeführt. Allerdings gehört neben den Schließen von Baulücken auch die Nachverdichtung von Siedlungen durch Intensivierung der baulichen Möglichkeiten zu den denkbaren Möglichkeiten.

 

Aktueller Diskussionsstand in Edewecht:

In den politischen Gremien wird die Diskrepanz zwischen Wohnraumnachfrage  und Wohnraumangebot bereits seit längerem kontrovers diskutiert. In diesem Zusammenhang wurde auch die Bereitstellung von preiswerten Mietwohnungsraum erörtert. 2015 konzentrierte sich diese Debatte insbesondere auf den sog. Geschosswohnungsbau. Mitte 2016 wurde von der Verwaltung ein Überblick über Flächen, die potenziell für die Errichtung von Gebäuden mit zwei Vollgeschossen und mehreren Wohnungen geeignet sind, erstellt und vorgetragen (2016/FB III/2159). Hierbei war der Fokus auf unbebaute oder nur sehr zurückhaltend bebaute Grundstücke gerichtet. Im November 2017 wurde hierzu von der Verwaltung ein Gesamtüberblick über die Realisierung von Wohnbauvorhaben in den einzelnen Bauernschaften auf Grundlage des Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes der Gemeinde Edewecht erarbeitet und vorgetragen (2017/FB III/2586).

 

Grundüberlegung war bei allen Erwägungen bislang wie der Wohnraum mit neuen Gebäuden erweitert werden kann, die sich in die bestehende Ortslage einfügen. Eine großflächige Veränderung der bestehenden baulichen Möglichkeiten in den Wohnsiedlungen wurde bisher nicht konkretisiert.

 

Grundsätzliche Regelung in Edewecht:

Städtebauliche Siedlungsentwicklung gestaltet sich dynamisch und orientiert an den Ansprüchen der Menschen. In Edewecht ist die Veränderung von Einfamilienhäusern mit dazugehörigen Gärten auf großen Grundstücken und aufgelockerter Bebauung zu dichteren Wohnsiedlungen mit Ein- und Zweifamilienhäusern auf kleineren Grundstücken gut erkennbar. 2005 wurden die tatsächlich vorhandenen Siedlungsstrukturen analysiert. Die übereinstimmenden Kernaspekte der Bebauung orientiert am vorhandenen Maß der baulichen Nutzungen sollten den Grundzug für die künftige Siedlungsentwicklung darstellen. Daraufhin wurden die Festsetzungen zahlreicher Bebauungspläne für Wohnnutzungen wie folgt geändert bzw. ergänzt:

 

  • Mindestgröße von Grundstücken: 500 qm
  • Bauweise: Nur Einzel- oder Doppelhäuser
  • Absolute Zahl von Wohnungen auf Grundstücken: zwei Wohneinheiten je angefangene 1.000 qm
  • Zulässige Höchstzahl von Wohnungen in Gebäuden: maximal zwei Wohneinheiten je Gebäude oder eine Wohneinheit je Doppelhaushälfte
  • Gebäudelängen: Längenbegrenzungen auf 18 m je Einzelhaus oder 12 m je Doppelhaushälfte

 

Diese Festsetzungen werden seitdem grundsätzlich in Bebauungsplänen mit Wohngebieten aufgenommen.

 

Änderungsoptionen:

Die Möglichkeiten zu schaffen, Mehrparteienhäuser mit zwei Vollgeschossen in dafür geeigneten Lagen dafür zu errichten, ist ein mögliches Mittel, um Wohnraum zu schaffen.

 

Denkbar ist daneben auch, bestehende Gebiete für eine langfristige, verträgliche und gesteuerte Nachverdichtung vorzubereiten, die bislang überwiegend Ein- oder Zweifamilienhäuser aufweisen. Indem man die Bauweise nicht nur auf die klassischen Ein- und Zweifamilienhäuser beschränkt und die mögliche Anzahl von Wohnungen erweitert, könnten entweder Häuser mit mehreren Wohnungen oder auch eine größere Anzahl kleinerer Häuser realisiert werden.

 

Herausforderungen der Innenverdichtung:

Die städtebaulichen Auswirkungen von neu errichteten Mehrparteienhäusern auf einzelnen bisher freien oder zurückhaltend bebauten Grundstücken sind in aller Regel leicht zu überblicken. Es handelt sich um klar definierte Einzelfälle, welche auf ihre Verträglichkeit hin zügig geprüft werden können.

 

Bei der Öffnung vorhandener Siedlungen für eine künftige Verdichtung ist hingegen kein konkretes Vorhaben zu prüfen, sondern die Auswirkungen der Änderung abstrakter Festsetzungen in den Bebauungsplänen sind zu beleuchten. Die Realisierungswahrscheinlichkeit derartiger Bauvorhaben entsprechend der veränderten Festsetzungen kann allenfalls abgeschätzt werden. Die möglichen Wirkungen und ggf. auftretenden städtebaulichen Konflikte sind deshalb entsprechend sorgsam zu prüfen.

 

So könnte eine Abänderung der bestehenden Festsetzungen dazu führen, dass neue Bauweisen und Gebäudeformationen in das bestehende Siedlungsbild hinzutreten. Diese könnten zunächst als ein Fremdkörper wahrgenommen werden. Es gilt also zu prüfen, welche Arten von Bebauung durch eine Reduzierung der genannten Festsetzungen denkbar wäre und ob diese sich ggf. auch erst bei Hinzutreten weiterer Objekte harmonisch in die jeweilige Lage einfügen können. Dabei ist natürlich denkbar, die Intensität der Nachverdichtung in kleinteiligen Abschnitten unterschiedlich hoch zu gestalten und so einen harmonischen Übergang der Bebauung und Nutzung in sich zu ermöglichen.

 

Außerdem löst neuer Wohnraum auch neuen Stellplatzbedarf aus. Derzeit werden in Edewecht 1,5 Stellplätze je Wohneinheit gefordert, damit Anlieger ihre PKW möglichst nicht auf der öffentlichen Straßen abstellen. Da die vorgestellten Festsetzungen in aller Regel mit einer Grundflächenzahl von 0,3 verbunden sind, kann eine Verdichtung daran scheitern, dass zwar mehr Wohnraum auf einem Grundstück entstehen könnte, aufgrund weiterer nachzuweisender Stellplätze sich aber die zur Verfügung stehende Fläche wieder relativiert. Sollte also eine Innenverdichtung über eine Reduzierung der Festsetzungen ermöglicht werden, sollte auch der Umgang mit Stellplätzen überdacht werden.

 

Zu beleuchten ist ebenfalls, wie die Verdichtung in den Innenbereichen von einer Entwicklung in den ländlichen Splittersiedlungen abzugrenzen ist. Hierzu wird u. a. auf den Antrag der CDU-Fraktion vom 03.02.2018 (siehe inhaltlich Beschlussvorlage zu TOP 6) hingewiesen.

 

Weiterhin ist auch zu klären, inwieweit Infrastrukturbeträge für die Ausweitung der zusätzlichen baulichen Möglichkeiten erhoben werden. Bisher wurden bei baurechtlichen Besserstellungen bzgl. der Anzahl an Wohnungen auf einem Grundstück stets Infrastrukturbeiträge erhoben. Hierzu waren dann Vereinbarungen mit den Betroffenen zu schließen. Bei einer großflächigen Vorbereitung einer Innenverdichtung müsste mit jedem betroffenen Eigentümer vor Inkraftsetzung der Bauleitplanung eine solche Vereinbarung abgeschlossen werden, was eine Einigkeit aller Betroffenen eines Plangebiets erfordert.

 

Fazit:

Neben der Ausweitung der Möglichkeit Mehrparteienhäuser errichten zu können, kann eine Innenverdichtung auch durch eine Überarbeitung der Festsetzungen bestehender Bauleitpläne bezüglich der Anzahl an Wohnungen oder Grundstücksgrößen geschehen. Damit würde man den Interessen einiger Antragssteller folgen können. Eine Änderung der Bebauungspläne nur für einzelne Grundstücke ist dabei nicht denkbar, sondern hierzu müssten Plangebiete ganzheitlich betrachtet werden. Da die Veränderungen und Auswirkungen eines solchen Vorgehens weitreichend sind, bedarf es einer intensiven Betrachtung und Prüfung. Hierfür wäre auch die Begleitung durch ein versiertes Planungsbüro erforderlich.


Beschlussvorschlag:

Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, welche Siedlungen sich für eine Innenverdichtung durch Veränderung der bestehenden bauplanungsrechtlichen Festsetzungen anbieten. Anhand einer beispielhaften Darstellung eines Gebiets werden die Optionen neuer Regelungsinhalte und die draus resultierenden Veränderungen innerhalb des Gebiets aufgezeigt. Die Ergebnisse sind dann zur weiteren Beratung dem Bauausschuss vorzulegen.