Betreff
Schulentwicklungsplanung Weiterentwicklung des Edewechter Schulangebotes
Vorlage
2009/I/407
Aktenzeichen
I-25.08.09
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

1.             Die Einrichtung einer Gesamtschule wird für den Bereich der Gemeinde Edewecht nicht angestrebt. Das vorhandene Schulangebot soll gestärkt und weiterentwickelt werden.

2.             Zur Weiterentwicklung des Schulangebotes in der Gemeinde Edewecht wird die Verwaltung beauftragt zu einer der nächsten Sitzung des Schulausschusses die Vor- und Nachteile der Eigenständigkeit der Außenstelle des GZE im Sekundarbereich I zu prüfen und die Ergebnisse vorzutragen.


Sachdarstellung:

Die Gemeinde Edewecht ist Schulträgerin von vier Grundschulen, einer Förderschule und einer Haupt- und Realschule sowie im Innenverhältnis bezüglich der Außenstelle des Gymnasiums Bad Zwischenahn-Edewecht. Damit verfügt die Gemeinde Edewecht über ein umfassendes Schulangebot von der Einschulung bis zur Erlangung eines Sekundar I-Abschlusses.

 

Vor dem Hintergrund der im Ammerland umstritten geführten Diskussion bezüglich der Gesamtschule ist seitens der Gemeinde Edewecht auch ein Blick auf die Weiterentwicklung des eigenen Schulangebotes zu werfen. Vorab einige Informationen zur Gesamtschulthematik:

 

Allgemeines:

Gesamtschulen können als kooperative Gesamtschule (KGS) oder integrative Gesamtschule (IGS) geführt werden. Schulträger sind nach Maßgabe des Bedürfnisses berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, Gesamtschulen zu führen, wenn der Besuch von Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien des Landkreises Ammerland unter zumutbaren Bedingungen gewährleistet bleibt. In Gesamtschulen werden Schüler/innen des 5. bis 13. Jahrganges unterrichtet.

 

Kooperative Gesamtschule (KGS)

Es werden zwei Formen der KGS unterschieden, und zwar

a)     die nach Schulzweigen gegliederte KGS oder

b)     die nach Schuljahrgängen gegliederte KGS.

 

Zu a) nach Schulzweigen gegliederte KGS

Eine nach Schulzweigen gegliederte KGS muss mindestens vier Züge – davon mindestens zwei im Gymnasialbereich haben. Die Höchstzügigkeit beträgt in der langfristigen Planung neun Züge.

Der Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialzweig bilden die drei Säulen dieser Schulform. Sie entsprechen dem dreigliedrigen Schulwesen. In Sport und oft auch in den Fächern der ästhetischen Bildung wird schulzweigübergreifender Unterricht erteilt, d.h. Schüler aller drei Schulzweige werden in gemeinsamen Lerngruppen unterrichtet. Es gelten die Rahmenrichtlinien für den jeweiligen Schulzweig. Auch die Abschlüsse entsprechen den Abschlüssen der Hauptschule, der Realschule und des Gymnasiums. Ziel ist es, Schüler/innen trotz des weitgehenden Unterrichts in den eigenen Schulzweigen Schnittstellen zu den anderen Schulformen und deren Schülern/innen zu bieten.

 

Zu b) nach Schuljahrgängen gegliederte KGS

Eine nach Schuljahrgängen gegliederte KGS muss mindesten fünf und darf in der langfristigen Planung maximal acht Züge umfassen.

Es erfolgt eine jahrgangsweise Gliederung – ähnlich wie bei einer IGS – des Unterrichtes. Innerhalb des Jahrganges werden jedoch die Lerngruppen schulformspezifisch (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) gebildet. Der Unterricht wird in schulformübergreifenden wie schulformspezifischen Lerngruppen gegeben, wobei der schulformspezifische Unterricht überwiegen muss. Diese Form der KGS erleichtert einen leichtern Schulzweigwechsel.

 

Die Unterrichtsinhalte, Anforderungsmaßstäbe, Grundsätze der Leistungsbewertung, die Einführung von Lehrbüchern und vieles mehr sind bei beiden Formen zwischen den Schulzweigen abzustimmen. In der Regel gibt es nur eine Fachkonferenz, an der die Fachlehrer aller drei Schulzweige teilnehmen.

 

Die Oberstufe der KGS, gleich welcher Form, muss mindestens eine Dreizügigkeit aufweisen.

 

Integrative Gesamtschule (IGS)

Die IGS muss im Sekundarbereich I mindestens eine Fünfzügigkeit, maximal eine Achtzügigkeit, aufweisen. Auch die Oberstufe der IGS muss mindestens drei Züge haben.

 

Die IGS ist eine Schule, in der Schüler/innen mit Haupt-, Real- und Gymnasialempfehlung gemeinsam unterrichtet werden. Eine der individuellen Leistungsfähigkeit entsprechende Differenzierung findet in einer Reihe von Fächern durch so genannte Förder-, Grund- und Erweiterungskurse statt.  Ziel der IGS ist, dass die Schüler/innen das gemeinsame Lernen und den sozialen Umgang miteinander erleben und gleichzeitig auch entsprechend ihrem individuellen Leistungsvermögen unterrichtet und vor allem gefördert werden.

 

Innerhalb des deutschen Schulsystems sind Gesamtschulen umstritten.

 

Auswirkungen für die Schulsituation in Edewecht

Die Gemeinde Edewecht hat in den vergangenen 7 Jahren, d.h. seit Beginn der Schulstrukturreform mehr als 18 Mio. Euro in den Ausbau und die Erweiterung der Schulen der  Gemeinde Edewecht investiert. Das dreigliedrige Schulsystem ist in der Gemeinde Edewecht für den Sekundarbereich I umgesetzt. Eine Ausnahme stellt der gymnasiale Bereich dar. Es ist derzeit nicht möglich, an der Außenstelle des Gymnasiums Bad Zwischenahn-Edewecht einen Sekundar I-Abschluss zu erreichen.

 

Die Einrichtung einer Gesamtschule setzt für eine IGS zwingend eine Fünfzügigkeit, d.h. 5 Klassen pro Jahrgang, und für die KGS mindestens eine 4 Zügigkeit voraus. Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass alle Edewechter Schüler/innen eine Gesamtschule besuchen, vielmehr sind die Regelschulen (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) auch weiterhin vorzuhalten. Dies bedeutet des Weiteren, dass sich die vorhandenen Schülerzahlen auf verschiedene Schulformen verteilen. Vor dem Hintergrund der sowieso sinkenden Schülerzahlen ist zu befürchten, dass mit einer Einrichtung einer Gesamtschule in Edewecht mehrere Mangelsysteme entstehen.

 

Eine Gesamtschule in Edewecht müsste z.B. einen Hauptschulzweig führen. Die mittelfristige und langfristige Prognose sieht jedoch insgesamt für Edewecht nur eine einzügige Hauptschule vor. Es würden also zwei Mangel-Hauptschulsysteme entstehen.

 

Die Realschule ist derzeit fünfzügig. Die mittelfristige Planung sieht eine Vierzügigkeit, die langfristige Planung sogar nur noch eine Dreizügigkeit vor. Mit Schaffung einer Gesamtschule wäre mindestens ein ein- bis zweizügiger Realschulzweig vorzuhalten. Damit bliebe für die Regelschule ebenfalls nur noch eine Zwei- bzw. Einzügigkeit langfristig. Die Zweizügigkeit der Realschule ist jedoch Mindestvoraussetzung.

 

Der Gymnasialbereich wäre bei einer KGS mindestens zweizügig zu führen, so dass das vorhandene gymnasiale Angebot von derzeit vier Zügen, perspektivisch jedoch 3 Zügen, künftig nur noch eine Einzügigkeit aufweist und damit nicht mehr lebensfähig wäre.

 

Darüber hinaus wäre die Frage des Schulstandortes für eine Gesamtschule zu prüfen. Die vorhandenen Schulgebäude reichen hierfür nicht aus. Überlegungen beispielsweise eine dreizügige Stammschule mit einer zweizügigen Außenstelle als Gesamtschule sind nicht genehmigungsfähig.

 

Für die Gemeinde Edewecht kann also festgestellt werden, dass mit der Einrichtung einer Gesamtschule, gleich welcher Form, die Regelschulen (Hauptschule, Realschule und Gymnasium) aller Voraussicht nach nicht fortgeführt werden können, weil die Mindestgrößen nicht mehr erreicht werden.

 

Die Elternbefragung des Kreiselternrates ergab nach dortiger Auswertung ein Votum von fast 63 % für die Einrichtung einer IGS. Bei dieser Auswertung ist jedoch folgendes zu beachten. Der Elternrat hat die Befragung in den Grundschulklassen 1 bis 4 aller Edewechter Grundschulen durchgeführt. Die Gemeinde Edewecht verfügt über insgesamt 1.105 Grundschüler. Es haben nur 36 % aller Grundschuleltern den Fragebogen zurückgegeben. Bezogen auf die Gesamtzahl der Grundschüler liegt die Quote der Gesamtschulbefürworter nur bei 22 %, wobei bei diesem Votum sicherlich der Standort einer möglichen Gesamtschule ein ganz entscheidender Faktor sein wird.

 

Aus Sicht der Verwaltung kann die Einrichtung einer Gesamtschule vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf das vorhandene Schulangebot und den getätigten Investitionen nicht befürwortet und unterstützt werden.

 

Es bleibt jedoch zu prüfen, ob das vorhandene gymnasiale Angebot in Edewecht nicht optimiert werden könnte. In der Gemeinde Edewecht ist es derzeit möglich im Sekundarbereich I einen Abschluss an der Astrid-Lindgren-Schule und der Haupt- und Realschule zu erlangen. Die Außenstelle des Gymnasiums Bad Zwischenahn-Edewecht endet derzeit nach der 9. Klasse aufgrund der „Zwitterstellung“ der 10. Klasse, die zum einen den Abschluss des Sekundarbereiches I, aber auch zum anderen bereits den Einstieg in die gymnasiale Oberstufe bildet.

 

Die Außenstelle des GZE wird auch nach der langfristigen Prognose (2025) eine starke Dreizügigkeit aufweisen. Die Verbindung zur gymnasialen Oberstufe in Bad Zwischenahn ist gewünscht und angestrebt, um insbesondere die Angebotsvielfalt der Oberstufe zu stärken und sichern. Dennoch ist nicht zu verkennen, dass es eine freie Oberstufenwahl der Schüler/innen gibt. Neben der Erlangung der allgemeinen Hochschulreife wird immer häufiger auch die Fachhochschulreife angestrebt. Insoweit wäre zu prüfen, ob nicht auch an der Außenstelle des GZE ein Sekundar I-Abschluss erlangt werden kann und damit die Außenstelle Eigenständigkeit erlangt.

 

Hierzu wäre es erforderlich, die Verwaltung zu beauftragen, die Vor- und Nachteile der Eigenständigkeit der Außenstelle des GZEs und damit der Erweiterung um die 10. Klasse zu prüfen und die Ergebnisse zum nächsten Schulausschuss zusammenzutragen. Hierzu sind Gespräch mit dem Landkreis Ammerland, der Landesschulbehörde, der Gemeinde Bad Zwischenahn und dem Gymnasium Bad Zwischenahn-Edewecht zu führen. Ebenso sollten die Erfahrungen eines Sekundar I-Gymnasiums bezüglich der Führung der 10. Klasse ermittelt werden.