Betreff
Änderung des Landesraumordnungsprogramms,
Stellungnahme der Gemeinde Edewecht
Vorlage
2014/FB III/1700
Aktenzeichen
FB III - Ko
Art
Beschlussvorlage

Sachdarstellung:

Wie in der Sitzung des Rates am 30.06.2014 berichtet, hat die Landesregierung den Entwurf zur Änderung des Landesraumordnungsprogramms (LROP) verabschiedet. Mit Schreiben vom 24.07.2014 wurde das Beteiligungsverfahren zum Änderungsentwurf des LROP durch das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz eröffnet.

 

Mit der Email vom 26.08.20014 hat die Verwaltung darauf hingewiesen, dass die Unterlagen zum Entwurf der Änderung des LROP unter dem Link

 

http://www.ml.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=35090&article_id=125715&_psmand=7

 

eingesehen werden können.

 

Die Gemeinde Edewecht hat die Möglichkeit, zum Entwurf bis zum 14.11.2014 Stellung zu nehmen.

 

Aus dem Entwurf ergeben sich für die Gemeinde Edewecht in folgenden Kapiteln des LROP relevante Änderungen:

 

  • Kapitel 2.1     Entwicklung der Siedlungsstruktur
  • Kapitel 2.2     Entwicklung der Daseinsvorsorge und Zentralen Orte
  • Kapitel 2.3     Entwicklung der Versorgungsstrukturen des Einzelhandels
  • Kapitel 3.1.1  Elemente und Funktionen des landesweiten Freiraumverbundes,                          Bodenschutz
  • Kapitel 4.2     Energie.

 

Die hierzu von der Verwaltung erarbeiteten Vorschläge für eine Stellungnahme werden im Folgenden unter Voranstellung der maßgeblichen Textpassagen des Änderungsentwurfes dargelegt, wobei die geänderten bzw. neuen Textpassagen unterstrichen sind:

 

Kapitel 2.1 Entwicklung der Siedlungsstruktur

Ziffer 04

 

 

Der Ansatz der beabsichtigten Neuregelung, die gemeindliche Bauleitplanung zukünftig letztlich von der Darstellung eines entsprechenden Entwicklungspotenzials auf Ebene des Regionalen Raumordungsprogramms abhängig zu machen, wird von der Gemeinde Edewecht abgelehnt.

 

Die mit dieser Änderung laut Begründung zum Änderungsentwurf verfolgte „gezielte Begrenzungsstrategie in Form von bedarfsgerechten regionalen Mengenzielen und Nutzungsprioritäten“ zur Reduzierung der weiteren Flächeninanspruchnahme führt bei einer zwingend vorgeschriebenen Darstellung im Regionalen Raumordnungsprogramm im Ergebnis zu einer nicht hinnehmbaren Beschneidung der Planungshoheit und damit des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden.

 

In sachlicher Hinsicht wird von der Gemeinde Edewecht zu dieser Thematik kein weitergehender Regelungsbedarf gesehen, als er sich aufgrund des in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnenen Aspekts des sparsamen und nachhaltigen Umgangs mit Grund und Boden sowie des Vorrangs der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung in der Bauleitplanung bereits heute ergibt.

 

Im Rahmen der Genehmigung von Flächennutzungsplanänderungen erfolgt im Übrigen bereits heute eine Prüfung des Landkreises dahingehend, ob die gemeindliche Bauleitplanung den Anforderungen an eine bedarfsgerechte und flächensparende Ausweisung von Siedlungsgebieten gerecht wird.

 

Die Gemeinde Edewecht unterstützt daher die vom Nds. Städte- und Gemeindebund zu diesem Punkt bereits abgegebene Stellungnahme, die im Falle einer quasi zwangsweisen Verpflichtung zur Aufstellung von Siedlungsentwicklungskonzepten auf regionaler Ebene eine Aushöhlung  der Planungshoheit der Gemeinden befürchtet und lehnt diese Ergänzung des LROP ab.

 

 

Kapitel 2.2 Entwicklung der Daseinsvorsorge und Zentrale Orte

Ziffer 05

 

 

Im Anhang 7 (dieser Beschlussvorlage als Anlage Nr. 1 beigefügt) wird das Grundzentrum Edewecht im südlichen Teilbereich dem Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Friesoythe zugeordnet.

 

Diese Zuordnung geht an der Lebenswirklichkeit völlig vorbei. Verflechtungen des südlichen Teilbereichs der Gemeinde Edewecht nach Friesoythe sind nach der hiesigen Erfahrung nicht in messbarem Umfang vorhanden.

 

Vielmehr entspricht es der Realität, dass die Bevölkerung des südlichen Gemeindebereichs mit dem Grundzentrum Edewecht selbst oder darüber hinaus mit dem Mittelzentrum Bad Zwischenahn verflochten ist – respektive eine klare Orientierung zum nahen Oberzentrum Oldenburg gegeben ist.

 

Die im Anhang 7 dargestellte Abgrenzung vermittelt daher einen falschen Eindruck. Vielmehr entspricht es den Tatsachen, dass im nördlichen Bereich des Friesoyther Gebiets eine Ausrichtung der Bevölkerung hinsichtlich der Daseinsvorsorge in Richtung Edewecht / Bad Zwischenahn bzw. Oldenburg gegeben ist.

 

Die Abgrenzung ist nach Auffassung der Gemeinde Edewecht daher zu korrigieren und sollte sich an der südlichen Gemeinde- bzw. Kreisgrenze des Ammerlandes orientieren.

 

Kapitel 2.3 Entwicklung der Versorgungsstrukturen des Einzelhandels

Ziffer 09

 

 

Das LROP schreibt bereits heute vor, dass neue Einzelhandelsprojekte, deren Kernsortimente innenstadtrelevant sind, nur innerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zulässig sind (Kapitel 2.3 Ziffer 05). Diese Regelung stellt ein sinnvolles Instrument zur Sicherung der Versorgungstrukturen in den Ortszentren dar.

 

Mit der unter Ziffer 09 neu formulierten Vorgabe, dass die Gemeinden zukünftig jeglicher Verfestigung und Erweiterung bereits bestehender Einzelhandelsstandorte außerhalb dieser zentralen Siedlungsgebiete entgegenzuwirken haben, wird den Gemeinden die Möglichkeit genommen, im Einzelfall im Sinne der Entwicklung der individuellen Versorgungsstrukturen angepasst auf die konkreten örtlichen Verhältnisse und Möglichkeiten reagieren zu können.

 

Diese Neuregelung wird von der Gemeinde Edewecht daher abgelehnt.

 

Es muss als planerische Entscheidung einer Gemeinde auch zukünftig möglich sein, dann in maßvoller Weise einen bereits bestehenden Standort außerhalb der integrierten Lage im Sinne der Entwicklung der Versorgungsstrukturen erweitern bzw. verfestigen zu können, wenn innerhalb der integrierten Lage entsprechende Entwicklungsflächen nicht zur Verfügung stehen. Dass dies in nachvollziehbarem und maßvollem Umfang zu geschehen hat, steht dabei im eigenen Interesse der Gemeinde, was im Rahmen der Planungshoheit von ihr in eigener Verantwortung zu beurteilen wäre.

 

Kapitel 3.1.1 Elemente und Funktionen des landesweiten Freiraumverbundes, Bodenschutz

Ziffern 05 und 06

 

 

Es wird zunächst auf das Schreiben der Gemeinde Edewecht vom 19.09.2013 zu den allgemeinen Planungsabsichten zur Änderung des LROP verwiesen (dieser Beschlussvorlage als Anlage Nr. 2 beigefügt).

 

Als Gemeinde, die durch die Darstellung großflächiger Bereiche ihres Gemeindegebiets als Vorranggebiet Rohstoffsicherung Torf in den letzten Jahrzehnten auf vielfältige Weise von den Folgen dieser Darstellung betroffen war, wird die Streichung des Rohstoffes Torf aus der Vorrangstellung und die Umwandlung dieser Flächen in Vorranggebiete für Torferhalt und Moorentwicklung grundsätzlich begrüßt. Von der Gemeinde Edewecht wurden bereits im Rahmen der letzten Änderungsverfahren zum LROP zur Thematik Torf immer wieder die negativen Auswirkungen des Torfabbaus (insbesondere des umfassenden Abbaus auch des Schwarztorfs mit anschließender Wiedervernässung) auf das Landschaftsbild, die damit verbundenen hydrogeologischen Auswirkungen in Form von z.B. Geländeabsenkungen und Straßenabsackungen (mit entsprechenden Folgekosten für die gemeindliche Infrastruktur) sowie die mit dem Torfabbau einhergehende Flächenkonkurrenz mit Auswirkungen auf die hiesige Landwirtschaft vorgetragen. Daneben wurden von der Gemeinde auch stets die unklaren Auswirkungen eines umfassenden Torfabbaus auf das Kleinklima und auch die Bedeutung des Torfes als CO2-Speicher thematisiert. Von daher wird von der Gemeinde Edewecht im Sinne des Natur- und Klimaschutzes der neue Ansatz des Landes begrüßt, die bisherige ausschließliche Stellung des Torfes als Rohstoff aufzugeben und die Torferhaltung und Moorentwicklung zu einem Instrument des Klima- und Bodenschutzes in den Vordergrund zu stellen.

 

Aber auch bei dieser Thematik dürfen die örtlichen Besonderheiten nicht durch eine generalisierende Betrachtung außer Acht gelassen werden.

 

Wie bereits mehrfach vorgetragen, besteht in der Gemeinde Edewecht insbesondere für das Grundzentrum Friedrichsfehn die besondere Situation, dass mit der bisherigen Darstellung der Vorranggebiete Rohstoffsicherung Torf, die sich bis unmittelbar an die Ortslage erstreckt, die erforderliche weitere Siedlungsentwicklung des Ortes Friedrichsfehn faktisch ausgebremst war. Zur Gewährleistung eines Mindestmaßes an Entwicklungspotenzial auch unter Inanspruchnahme von Vorrangflächen wurde hier im Jahre 2008 das Instrument eines raumordnerischen Vertrages zwischen dem Land Niedersachsen, dem Landkreis Ammerland und der Gemeinde Edewecht gefunden.

 

Die jetzt geplante Umwandlung der bisherigen Vorranggebiete Rohstoffsicherung zu Vorranggebieten für Torferhalt und Moorentwicklung geht laut Anlage 2 (dieser Beschlussvorlage auszugsweise als Anlage Nr. 3 beigefügt) des Entwurfes flächenmäßig deutlich über die bisherige Vorrangdarstellung hinaus. Der Siedlungsentwicklung vor allem in Friedrichsfehn stehen somit auch weiterhin mit Blick auf das Anpassungsgebot aus § 1 Abs. 4 des Baugesetzbuches umfassend Darstellungen des Landesraumordnungsprogramms entgegen.

 

Um hier den Gemeinden wie Edewecht, die von dieser Darstellung in besonderem Maße betroffen sind, die Möglichkeit einer angemessenen Siedlungsentwicklung zu erhalten, sollte im LROP ausdrücklich eine Öffnungsklausel aufgenommen werden, die es den Trägern der Regionalplanung bei der konkreten Festlegung dieser Flächen in ihren Regionalen Raumordnungsprogrammen ermöglicht, auf Grundlage städtebaulicher Entwicklungskonzepte der Gemeinden Flächen für die Siedlungsentwicklung von der Übernahme als Vorranggebiet Torferhaltung und Moorentwicklung freizuhalten.

 

Eine weitere Besonderheit des Landkreises Ammerland und in diesem Zusammenhang auch der Gemeinde Edewecht besteht in der hohen Zahl an Gartenbau- und Baumschulbetrieben mit den dazugehörigen umfangreichen  Baumschulfächen. 50 % der Baumschulflächen Niedersachsens werden im Ammerland und damit eingebunden in der Gemeinde Edewecht bewirtschaftet. Für diesen bedeutenden Wirtschaftsfaktor mit einem, bezogen auf das Ammerland, jährlichen Umsatz von etwa 350 Mio. € und etwa 4.000 Arbeitsplätzen ist der in den umfangreichen Torflagerstätten im Ammerland vor Ort verfügbare Weißtorf als Pflanzensubstrat von besonderer Bedeutung. In Ermangelung geeigneter Torfersatzstoffe ist der Weißtorf für die Gartenbau- und Baumschulbetriebe bei der Pflanzenaufzucht von existenzieller Bedeutung. Dieser konnte in den vergangenen Jahrzehnten in den ausgedehnten Mooren der Region durch extensiven, weil mit relativ geringen Abbautiefen verbundenen Torfabbau gewonnen werden.  Die so abgetorften Flächen standen in der Folge der Landwirtschaft weiter als extensives Grünland zur Verfügung. Der aus Sicht der Gemeinde Edewecht vielmehr problembehaftete Schwarztorfabbau mit Abbautiefen von zum Teil mehreren Metern spielt dagegen für den hiesigen Gartenbau- und Baumschulsektor kaum eine Rolle.

 

Die Gemeinde Edewecht hat sich daher bereits in der Vergangenheit immer gegen den ungesteuerten Abbau des Schwarztorfes, der unterhalb des Weißtorfes ansteht, gewandt, zumal dieser Rohstoff in den letzten Jahren vorwiegend ins Ausland exportiert wurde, und das auf Kosten der hiesigen Bevölkerung, die sich mit den Folgen für die Umwelt und die Landschaft abfinden musste.

 

Wenn allerdings den hiesigen Gartenbau- und Baumschulbetrieben der Weißtorf als wichtiger Grundstoff für die Pflanzenproduktion genommen wird, wie mit der jetzt beabsichtigten Änderung des LROP vorhersehbar, wird ein florierender Wirtschaftszweig im Ammerland nachhaltig getroffen. Dieses ist aus der Sicht der Gemeinde Edewecht nicht hinnehmbar, zumal erwiesener Maßen derzeit noch keine adäquaten Ersatzprodukte für den Weißtorf zur Verfügung stehen.

 

Die Gemeinde Edewecht fordert daher, dass den berechtigten Interessen der Gartenbau- und Baumschulwirtschaft im Rahmen der Änderung des LROP Rechnung getragen wird. Es kann nicht sein, dass unsere Betriebe möglicherweise auf den Import von Weißtorf und damit in die Abhängigkeit anderer Staaten verwiesen werden. Global gesehen wäre im Übrigen für die Klimabilanz nichts gewonnen, wenn hier der Torfabbau eingestellt und woanders forciert werden sollte. Allein der durch den Transport ausgelöste CO2-Ausstoß würde jede Klimabilanz ins Negative kehren.

 

Kapitel 4.2 Energie

Ziffer 07 Satz 15

 

 

Wie der Begründung zur Änderung des LROP zu entnehmen ist, ist aufgrund der Stilllegung von atomaren Großkraftwerken, des zunehmenden Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung und des verstärkten grenzüberschreitenden Stromhandels der zügige Ausbau des deutschen Höchstspannungs-übertragungsnetzes erforderlich. Dies bedeutet den Ausbau verschiedener Trassenverläufe von 220 kV auf 380 kV. Im Netzentwicklungsplan 2013 ist der entsprechende Ausbaubedarf auf der Trasse zwischen Conneforde und Cloppenburg und Merzen bestätigt worden. Die bestehende 220 kV-Trasse verläuft durch die Gemeinde Edewecht und führt direkt durch die Orte Friedrichsfehn und Klein Scharrel. Die Gemeinde Edewecht ist daher direkt betroffen.

 

Es wird zur Kenntnis genommen, dass zumindest in Teilbereichen eine Neutrassierung erforderlich werden wird. Dies deshalb, weil die Nutzung der vorhandenen 220 kV-Leitungstrassen auf Teilabschnitten nicht raumverträglich  wäre, da damit die raumordnerisch festgelegten Mindestabstände von 400 m bzw. 200 m jeweils von der Trassenmitte zu Wohngebäuden nicht eingehalten werden können.

 

Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass die raumordnerische Prüfung der Maßnahme im Rahmen der Bundesfachplanung bzw. im Raumordnungsverfahren erfolgt.

 

Wir gehen davon aus, dass im Falle der Einleitung einer Bundesfachplanung bzw. eines Raumordnungsverfahrens für die Trasse zwischen Conneforde und Cloppenburg und Merzen aufgrund der direkten Betroffenheit eine frühzeitige Einbindung der Gemeinde Edewecht erfolgt.

 

 

 

 

Die Verwaltung wird in der Sitzung eine detaillierte Erläuterung zu den vorgenannten Aspekten vortragen.

 

Es wird gebeten, dass die vorgenannten Ausführungen vom Bauausschuss und anschließend vom Verwaltungsausschuss zur Kenntnis genommen werden und die Verwaltung beauftragt wird, zur Änderung des Landesraumordnungsprogramms im Sinne der obigen Ausführungen Stellung zu nehmen.


Beschlussvorschlag:

Die Ausführungen zum Entwurf der Änderung des Landesraumordnungsprogramms werden zur Kenntnis genommen. Die Verwaltung wird beauftragt, gegenüber dem Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Sinne dieser Ausführungen Stellung zu nehmen.


Anlagen:

-       Plan zu den Verflechtungsbereichen (Auszug)

-       Stellungnahme zu den allgemeinen Planungsabsichten vom 19.09.2013

-       Plan Vorranggebiete Torferhaltung und Moorentwicklung (Auszug)