Betreff
Bericht über die Möglichkeiten zur Verringerung der Verkehrs- und Gewichtsbelastungen auf Gemeindestraßen sowie zu Ergebnissen verschiedener Maßnahmen (Antrag der SPD-Fraktion)
Vorlage
2017/FB III/2535
Aktenzeichen
FB III - Lü
Art
Berichtsvorlage

Historie:

Innerhalb der Gemeinde Edewecht gibt es viele Gemeindestraßen, welche auf Mooruntergrund errichtet wurden oder deren Straßenkörper vom Ausbau her darauf ausgerichtet ist, lediglich eine geringe Menge an Fahrzeugen und Lasten aufzunehmen. In der Vergangenheit ist der Straßenverkehr in puncto Leistungsfähigkeit und Transportgewicht allgemein angestiegen. Eine besonders deutliche Steigerung zeigt sich bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen, insbesondere innerhalb der Fuhrparks von Lohn- und Fuhrunternehmen. Dem gegenüber hat sich der Ausbauzustand der vorgenannten Straßen aufgrund ihrer verkehrlich eher zurückgestellten Bedeutung und des vielfach erheblichen Aufwendungsbedarfs für eine grundlegende Sanierung kaum verändert. Zum Schutz gegen eine Übernutzung und hieraus resultierende Beschädigungen wurde für diese Straßen ein maximal zulässiges Gesamtgewicht für Fahrzeuge angeordnet. Dennoch ist es zu rechtswidrigen Übernutzungen gekommen.

 

Wie die Vergangenheit gezeigt hat kann eine Gewichtsbeschränkung die Straßen nicht vollständig vor Schädigungen durch schwere Fahrzeuge schützen. Von rechtswidriger Übernutzung abgesehen wird es im Rahmen landwirtschaftlicher Bewirtschaftung oder Kundenbedienungen erforderlich, schwere Fahrzeuge auf den Straßen zu bewegen.

 

Die SPD-Fraktion hat mit Schreiben vom 16.02.2016 beantragt, „dass die Verwaltung beauftragt wird zu prüfen, wie die Belastung der Gemeindestraßen durch den zunehmenden Schwerlastverkehr reduziert werden kann. Alternativ mögliche Maßnahmen werden in Abstimmung mit dem Straßenverkehrsamt des Landkreises ermittelt und dem Straßen- und Wegeausschuss zur weiteren Beratung vorgetragen.“.  Der Antragstext ist als Anlage 1 angefügt.

 

In der Sitzung des Straßen- und Wegeausschusses am 31.05.2016 wurden die Thematik und insbesondere die bekannten Problemlagen im Umgang mit Verstößen gegen festgelegte Gewichtsbeschränkungen seitens der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Ammerland, Frau Meiners, erläutert. Da allerdings in der Sitzung keine konkreten Maßnahmen zur Lenkung der Fahrzeuge mit hohem Gesamtgewicht vorgestellt werden konnten, beschloss der Ausschuss seinerzeit die Beschlussfassung bis auf weiteres zurückzustellen.

 

Derzeitiges Vorgehen:

Nach wie vor müssen Personen über eine Ausnahmegenehmigung zum Befahren einer gewichtsbeschränkten Straße [§ 46 Straßenverkehrsordnung (StVO)] verfügen, wenn sie Straßen mit festgesetzten Gesamtgewicht mit Fahrzeugen befahren wollen, die dieses überschreiten. Diese Ausnahmegenehmigung ist bei der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Ammerland zu beantragen. Die Gemeinde Edewecht wird im Genehmigungsverfahren beteiligt und um Stellungnahme gebeten. Für das Gemeindegebiet werden im Regelfall die folgenden Nebenbestimmungen in der Genehmigung aufgenommen:

 

1. Das Gesamtgewicht der zum Einsatz kommenden Fahrzeuge darf 26 to mit folgender Einschränkung nicht übersteigen: wegen starker Beschädigungen der folgend aufgeführten Straßen und Wege mit Mooruntergrund* wird eine Ausnahmegenehmigung nur für das Befahren mit Fahrzeugen bis 6 to Achslast erteilt; d.h. 2-Achs-LKW 12 to, 3-Achs-Lkw oder Hänger 18 to, 1–Achs-Hänger 6 to. Für schwerere Fahrzeuge sind darüber hinaus zeitlich befristete Einzelanträge mit Gewichts- und Fahrroutenangabe zu stellen. Bei Überschreitung der Achslasten bedarf es individueller Regelungen.

 

2. Die Ausnahmegenehmigung gilt nicht für Sandwege und außerdem nicht für den Setjeweg. Hierfür sind Einzelgenehmigungen zu beantragen.

 

3. Die Straßen dürfen nur mit einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h befahren werden.

 

4. Es dürfen innerhalb der Gemeinde Edewecht lastbeschränkte Gemeindestraßen nur für die Durchführung von Aufträgen (Kundenbedienung) in Anspruch genommen werden. Zum Zwecke einer Wegstreckenabkürzung, also ohne dass eine Kundenbedienung erfolgt, dürfen lastbeschränkte Gemeindestraßen nicht befahren werden.

 

*Die Liste ist als Anlage 2 angefügt.

 

Die Nebenbestimmungen werden stets auf den Einzelfall hin festgelegt. Sofern die geplante Route oder das Gewicht des Fahrzeuges es erforderlich machen, werden weitere Nebenbestimmungen ergänzt. Hierzu zählt beispielsweise das telefonische Ankündigen des Transportstarts, konkrete Festlegung von Fahrtrouten oder das Begleiten von Transporten durch Mitarbeiter des Bauhofes der Gemeinde.

 

Ahndung von Verstößen

Im Falle von gewichtsbeschränkten Straßen sind zwei Verstöße denkbar. Zum einen das Befahren der Straße mit einem zu hohen Gesamtgewicht ohne eine notwendige Ausnahmegenehmigung, zum anderen der Verstoß gegen Inhalte einer bestehenden Erlaubnis.

 

Seitens der Straßenverkehrsbehörde wurde mitgeteilt, dass das Befahren einer gewichtsbeschränkten Straße ohne notwendige Genehmigung mit einem Verwarngeld von 20,- € geahndet wird. Das Bußgeld für den Verstoß gegen Auflagen einer erteilten Ausnahmegenehmigung beträgt zwischen 60,- € und 70,- €.

 

Die Ahndungssituation wird einhellig als unglücklich empfunden, da derjenige mit stärkeren Konsequenzen zu rechnen hat, welcher zumindest um rechtmäßiges Handeln bemüht war. Negativ verstärkend kommt hinzu, dass bereits die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung eine Verwaltungsgebühr auslöst.

 

Kontrollen der Straßennutzung

Für die Überwachung des Straßenverkehrs wurde in Niedersachsen die „Richtlinie für die Überwachung des fließenden Straßenverkehrs durch Straßenverkehrsbehörden“ erlassen. Demnach sind die Polizei und die Straßenverkehrsbehörden (hier Landkreis Ammerland) für die Verkehrsüberwachung ausschließlich zuständig.

 

Dem Landkreis Ammerland obliegt die Überwachung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Kontrollen des fließenden Verkehrs, durch welche man prüfen könnte, ob Fahrzeugführer wie vorgeschrieben die schriftliche Ausnahmegenehmigung mitführen, obliegen ausschließlich der Polizei.

 

Eine flächendeckende Kontrolle aller Straßenverkehrsvorschriften durch die beiden Behörden innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs würde einen massiven und zum Erfolg unverhältnismäßigen Personaleinsatz erfordern. Bezogen auf die Gewichtsbeschränkungen entsteht die Situation, dass Kontrollen maximal stichpunktartig, in aller Regel sogar nur durch konkreten Hinweis hin. Infolgedessen können Verstöße gegen Gewichtsbeschränkungen oder ggf. vorhandene Ausnahmegenehmigungen nur in wenigen Fällen direkt erkannt und geahndet werden.

 

Für die Gemeinde Edewecht als Straßenbaulastträgerin und Eigentümerin der Gemeindestraßen ist dabei in erster Linie nicht entscheidend, dass Verstöße gegen das Straßenverkehrsrecht unerkannt bleiben, sondern dass eine regelwidrige Übernutzung der Straße diese beschädigen kann. Beschädigungen durch das Befahren der Straße mit zu hohen Gewicht werden in der Regel erst nach der Übernutzung erkannt. Nur in den seltensten Fällen ist es dann möglich, den Verursacher und damit den Schadensersatzpflichtigen zweifelsfrei zu bestimmen.

 

Kontrollen durch eigene Mitarbeiter der Gemeinde Edewecht

Rechtlich verfügt die Gemeinde Edewecht über keine Befugnisse zur Verkehrsüberwachung. Allenfalls ist es möglich Straßenzüge durch eigene Mitarbeiter observieren zu lassen und die Nummernschilder von Fahrzeugen zu notieren, welche augenscheinlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreiten. Anschließend könnte dann geprüft werden, ob für das Fahrzeug eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde und nötigenfalls könnte der Fahrzeughalter ermittelt werden. Die Kontrolldichte bezüglich der straßenverkehrsrechtlichen Verstöße könnte durch dieses arbeitsintensive und personenbindende Vorgehen erhöht werden.

 

Fraglich bleibt, ob Beschädigungen am Straßenkörper hierdurch eindeutiger zugeordnet werden können. Insbesondere wenn eine gewichtsbeschränkte Straße von mehr als einer Person übermäßig beansprucht wird, kann eine Versackung o. Ä. kaum auf einen Schädiger zurückgeführt werden.

 

In Rücksprache mit der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Ammerland wurde erörtert, inwieweit weitere Kontrollen durch gemeindeeigenes Personal erfolgen könnten. Denkbar wäre es, dass durch die Gemeinde Edewecht Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt werden. Da die hierfür erforderlichen Gerätschaften des Landkreises Ammerland durchgehend selber genutzt werden, müssten zunächst mobile Überwachungssysteme im Wert von ca. 50.000,- € bis 60.000,- € angeschafft werden. Da es sich um komplexe technische Geräte handelt kommen auch Schulungen im Umgang mit diesen hinzu. Ferner ist es vor der Kontrolle zwingend, dass die Messstelle eingerichtet wird. Ad hoc Kontrollen sind nicht denkbar.

 

Weiteres kann durch die Gemeinde Edewecht selbst nicht unternommen werden. Anhaltebefugnisse obliegen ausschließlich der Polizei und sind nicht übertragbar. Der fließende Verkehr kann in keinem Fall durch die Gemeinde Edewecht kontrolliert werden. Es kann also weder festgestellt werden, ob ein Fahrzeugführer eine Ausnahmegenehmigung mitführt, noch kann ermittelt werden, was für ein Gesamtgewicht ein Fahrzeug hat.

 

Sondernutzungsgebühren

Das Befahren von Straßen mit Fahrzeugen, welche das festgelegte Höchstgewicht überschreiten, geht über den Gemeingebrauch der öffentlichen Straße hinaus und stellt straßenrechtlich eine Art von Sondernutzung dar. § 21 Niedersächsisches Straßengesetz eröffnet die Erhebung von Sondernutzungsgebühren über eine Satzung. Hierdurch könnten Einnahmen generiert werden, welche für die Instandhaltung und Reparatur der Straßen zur Verfügung stehen würden.

 

In der Satzung muss bei der Gebührenerhebung Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch berücksichtigt werden. Hieraus resultiert die besondere Schwierigkeit bei der Konstruktion einer rechtmäßigen Satzung für die vorgenannte Übernutzung von gewichtsbeschränkten Straßen. Fahrzeuge weisen verschiedenste Charakteristika auf. Neben dem Gewicht des Fahrzeuges, welches sich schon in Leergewicht und Gesamtgewicht unterscheidet, haben beispielweise auch die Anzahl der Achsen und die Reifenbreite einen Einfluss auf die Einwirkung des Fahrzeugs auf die Straße. Diese Faktoren gerecht zu katalogisieren und daran den individuellen Verschleiß des Straßenkörpers monetär zu bemessen ist bereits nicht realistisch. Darüber hinaus kann auch die jeweilige Witterung zum Transportzeitpunkt den Einfluss des Fahrzeugs auf die Straße bedingen.

 

Erwähnenswert ist diesbezüglich, dass selbst eine rechtmäßige Sondernutzungsgebührensatzung auch auf ihre Einhaltung hin kontrolliert werden müsste. 

 

Tempo 30 km/h ab einem bestimmten Gesamtgewicht (Wiefelsteder Modell)

Die Thematik der gewichtsbeschränkten Gemeindestraßen wird im gesamten Kreisgebiet bewegt. Wie u. a. der Lokalpresse entnommen werden konnte, hat die Gemeinde Wiefelstede in Kooperation mit dem Landkreis Ammerland ein neues Vorgehen diesbezüglich erarbeitet. Innerhalb Wiefelstedes wurden eine Gewichtsbeschränkungen von Straßen aufgehoben.  Zum Schutze der sensibleren Straßen wurde die Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von über 5 Tonnen festgesetzt.

 

Dieses Modell wurde kürzlich in Wiefelstede umgesetzt. Es bleibt abzuwarten, ob es dem Schutz von Gemeindestraßen zuträglich ist, wenn Fahrzeuge jeglichen Gewichts ohne vorherige Genehmigung diese nutzen dürfen und die Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h nicht mit der Genehmigung verbunden wird sondern mittels Verkehrsschild angeordnet wird. Dies zusätzlich im Hinblick auf die Tatsache, dass die Geschwindigkeitseinhaltung nur bei effektiver und hoher Kontrolldichte realistisch sein dürfte.

 

Fazit

Die Lenkung von Fahrzeugen mit hohem Gesamtgewicht erfolgt in der Gemeinde Edewecht bereits durch die Festsetzung von zulässigen Höchstgewichten. Diese Vorschriften sind auch geeignet Beschädigungen zu vermeiden, solange keiner die Straße regelwidrig nutzt.

 

Schäden aus rechtswidriger Übernutzung sind in der Realität nicht zu vermeiden, egal ob der Straßenkörper durch straßenverkehrsrechtliche Vorschriften geschützt oder Sondernutzungsgebühren gezahlt werden müssten. Lediglich eine signifikante Erhöhung von Kontrollen könnte geeignet sein, Verstöße zu bemerken, Schäden zu erkennen sowie ggf. Schädiger zu bestimmen und zur Rechenschaft zu ziehen. Hierfür müsste Personal bereitgestellt werden. Auch mit einer ohnehin kostenintensiven Erhöhung der Kontrolldichte werden nicht alle gewichtsbeschränkten Straßen jederzeit gesichert werden können. Schäden durch Übernutzungen sind selbst dann sehr wahrscheinlich.

 

Auch das in Wiefelstede umgesetzte Modell muss erst darauf hin überprüft, ob es in der Praxis geeignet ist Schäden am Straßenkörper zu vermeiden. Die Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h wird aktuell als Nebenbestimmung zur Ausnahmegenehmigung aufgenommen. Außerdem entfällt  ohne Gewichtsbeschränkung die Pflicht zur Beantragung einer Ausnahmegenehmigung. Somit besteht auch nicht mehr die Möglichkeit auf den Einzelfall mittels Nebenbestimmungen Einfluss zu nehmen. Zudem wird ein Rückschluss von Beschädigungen der Straße auf den Schädiger erschwert. Schriftliche Genehmigungen bieten zumindest einen Ansatz, einen Rückschluss auf den Schädiger zu geben, sofern die Schäden nicht aus einer unangekündigten und rechtswidrigen Nutzung resultieren.

 

Letztlich erscheint die Problematik nur dann beendet werden zu können, wenn alle Gemeindestraßen so ausgebaut werden, dass jeglicher Verkehr von ihnen unbeschadet aufgenommen werden kann. Bis dahin erscheint das derzeitige Vorgehen als nicht verbesserungsfähig. 


Anlagen:

-       Antrag der SPD-Fraktion

-       Liste der beschädigten Straßen und Straßen mit Mooruntergrund