Betreff
Hier: Prüfauftrag Vor- und Nachteile der Errichtung einer IGS oder OBS - Abwägung
Vorlage
2012/I/030
Aktenzeichen
I - 16.04.2012
Art
Beschlussvorlage

Sachdarstellung:

Die Verwaltung hat in den beiden vorangehenden Vorlagen umfassend die Rahmenbedingungen für die Errichtung a) einer Integrierten Gesamtschule (IGS) und b) einer Oberschule (OBS) beleuchtet. Eine Errichtung einer IGS oder einer OBS kann nur am jetzigen Standort der HRS Edewecht, Breeweg, durch „Umwandlung“ angestrebt werden.

 

Beide Vorlagen zeigen deutlich, dass vor einer Befragung von Eltern zur weiteren Schulentwicklung entschieden werden muss, welche Weiterentwicklung angestrebt werden soll, da je nach Schulform zum Teil zeitintensive „Vorarbeiten“ notwendig sind und hohe Anforderungen an eine Genehmigung gestellt werden.

 

Integrierte Gesamtschule (IGS)

Für die Errichtung einer IGS bestehen enge rechtliche Rahmenbedingungen. Die derzeitig bestehenden rechtlichen Voraussetzungen zur Errichtung einer IGS kann die Gemeinde Edewecht langfristig aus eigener Kraft nicht erfüllen. Die geforderte Fünfzügigkeit mit einem Schülerpotenzial von 120 Schülern pro Jahrgang für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren könnte nur dann gewährleistet werden, wenn die neu eingerichtete OBS in Friedrichsfehn wieder aufgelöst wird, in kommenden Jahren Schüler/innen aus anderen Ammerlandgemeinden gewonnen werden können und zu Lasten des Gymnasiums ein Rückgang der Übergangszahlen zu erwarten wäre.

 

Darüber hinaus würde bei einem entsprechenden Antrag auf Errichtung einer IGS genau geprüft werden, ob die konkreten Elternbefragungen der vier Grundschuljahrgänge bzw. des Vorschuljahrgangs und dreier Grundschuljahrgänge, abhängig vom Zeitpunkt der beabsichtigten Errichtung, auch tatsächlich pro befragtem Jahrgang eine Schülerzahl von 120 pro Schuljahrgang ergeben würden. Jede nicht abgegebene Stimme bzw. jede Anwahl einer anderen Schulform würde als „Nein“ zur IGS gewertet werden. Eine geringe Beteiligung oder schwache Rücklaufzahlen gingen insbesondere zu Lasten des Befragungsziels. Der Prognoseberechnung ist zu entnehmen, dass eine Ja-Quote zur IGS von mind. 70 % aller Befragten Eltern erreicht werden muss, um eine IGS realisieren zu können. Bei einer Rücklaufquote von beispielsweise 50 % und Ja-Quote von 60 % würde die Mindestschülerzahl von 120 in keinem Jahrgang erreicht werden können. Auf der Basis der Schülerzahlen in den Folgejahren müsste eine 100%ige Beteiligung und Rückgabe unter gleichzeitiger 70 % Zusage zur IGS erreicht werden. Die Erfahrung bisheriger Elternbefragungen hat in der Vergangenheit gezeigt, dass maximal mit einer Rücklaufquote von rund 40 % plus X gerechnet werden kann. Insoweit erscheint das Erreichen der Mindestschülerzahl für den geforderten Zeitraum kaum erreichbar. Die rechtlichen „Hürden“ zur Errichtung einer IGS sind hoch.

 

Aus Sicht der Verwaltung müssen der Fortbestand und die Erhaltung der Außenstelle des Gymnasiums Bad Zwischenahn-Edewecht unangetastet bleiben. Die Auswirkungen der Errichtung einer IGS auf den Fortbestand des Gymnasiums sind schwer einzuschätzen. Generell wird erwartet, dass Schüler/innen mit einer Gymnasialempfehlung das örtliche Gymnasium anwählen werden. Die IGS ermöglicht grundsätzlich auch die Vorbereitung auf die Erlangung des Abiturs bzw. führt mit einer eigenen gymnasialen Oberstufe direkt zum Abitur.

 

IGSen werden in den weit überwiegenden Fällen mit einer gymnasialen Oberstufe geführt. Eine gymnasiale Oberstufe kann aus eigenem Schülerpotenzial, wie bereits die Prüfung zu einem eigenständigen Gymnasium ergab, nicht realisiert werden. Auch hier wäre es notwendig, Schüler/innen aus den anderen Ammerlandgemeinden zu gewinnen. Seinerzeit war einer der ausschlaggebenden Gründe für ein Absehen von der Eigenständigkeit der Außenstelle des GZE in Edewecht, dass insbesondere im Oberstufenbereich die Vielfalt der anwählbaren Profile bedeutsam ist. Eine Vielfalt kann mit einer Mindestoberstufenschülerzahl von 54 Schüler/innen jedoch nicht geboten werden. Hier wäre nur das Pflichtprofil realisierbar. Dies würde im Weiteren bedeuten, dass die Oberstufe der IGS im Vergleich zu den Gymnasien im Landkreis Ammerland nicht konkurrenzfähig sein könnte/würde.

 

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass IGSen grundsätzlich nur als organisatorische Einheit genehmigungsfähig sind. Eine IGS mit einer Außenstelle ist grundsätzlich nicht genehmigungsfähig. Dies bedeutet, dass die Mitnutzung der jetzigen Außenstelle der HRS in Friedrichsfehn außer Betracht bleiben muss. Außenstellen könnten nur dann genehmigt werden, wenn diese mindestens eine Vierzügigkeit aufweisen würde. Dies ist bei der Außenstelle in Friedrichsfehn nicht der Fall.

 

Sofern sich die Idee entwickeln sollte, alle Sekundarbereich I-Schulen der Gemeinde Edewecht zu einer IGS zusammenfassen zu wollen, muss dabei bedacht werden, dass Schulträger des Gymnasiums Bad Zwischenahn-Edewecht die Gemeinde Bad Zwischenahn ist. Wie bei der seinerzeitigen Errichtung wäre auch bei einer angedachten Auflösung der Außenstelle die Zustimmung der Gemeinde Bad Zwischenahn notwendig. Der Auflösung der Außenstelle des GZE mit der Konsequenz der Schaffung einer IGS am Schulstandort Edewecht und der damit verbundenen Schaffung  einer unmittelbare Konkurrenz für das Gymnasium wird die Gemeinde Bad Zwischenahn schwerlich zustimmen können. Dies würde zudem eine Abkehr von der im Landkreis Ammerland bestehenden Schulstruktur bedeuten.

 

IGSen sind Angebotsschulen. Für die Schüler/innen aus der Gemeinde Edewecht besteht keine Verpflichtung, eine Angebotsschule zu wählen. Vielmehr muss jedem Schüler der freie Zugang zu einer Regelschule beim selben Schulträger oder innerhalb des Landkreises Ammerland ermöglicht werden. Insoweit wären die Nachbargemeinden mit einem Regelschulangebot rechtlich verpflichtet, sodann Edewechter Kinder aufzunehmen.

 

Letztlich würden erhebliche Schülertransporte verursacht werden können, die der Landkreis Ammerland als Träger der Schülerbeförderung zu finanzieren und zu beordnen hat.

 

Die Gemeinde Edewecht würde die anderen Ammerlandgemeinden und die Stadt Westerstede mit der Errichtung einer IGS in deren weiteren Schulentwicklung erheblich beeinflussen. Die Entwicklung der Schülerzahlen ist landesweit rückläufig. Dies ist auch in der Gemeinde Edewecht feststellbar. Den anderen Ammerlandgemeinden wird es sicherlich nicht anders ergehen. Insoweit könnte ein möglicher Rückgang von Schülern aufgrund der Anwahl der IGS in Edewecht oder aber auch der Zugang von Schülern aus der Gemeinde Edewecht aufgrund der Sicherstellung des Regelschulangebotes positiv wie negativ Einfluss nehmen.

 

Die Frage der Zahlung von Schulgeld wäre ebenfalls zu klären. Zum einen könnte die Zahlung von Schulgeld auf die Gemeinde Edewecht für Kinder, die ein Regelschulangebot in einer anderen Ammerlandgemeinde oder der Stadt Westerstede anwählen, zukommen. Ebenso wäre grundsätzlich der Erhalt von Schulgeld von den Gemeinden, deren Kinder  die IGS in Edewecht besuchen, vorstellbar, sofern entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit den anderen Ammerlandgemeinden und der Stadt Westerstede geschlossen werden könnten.

 

Die Gemeinde Edewecht wäre auf jeden Fall in der Verpflichtung, für die Realisierung einer gymnasialen Oberstufe die notwendigen Unterrichtsräume, Gruppenräume und Fachunterrichtsräume zu schaffen. Diese Räumlichkeiten fehlen auf jeden Fall. Der Umfang würde mindestens den Raumbedarf für 54 Oberstufenschüler/innen (drei mal 18 Schüler/innen) umfassen.

 

Zwischenfazit:

Die Errichtung einer IGS am Standort der HRS Edewecht, Breeweg, kann aufgrund der bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen (Schülerzahlen) und der finanziellen Auswirkungen auf die Gemeinde Edewecht sowie der Auswirkungen auf die Schullandschaft im Landkreis Ammerland nur schwerlich realisiert werden.

 

Oberschule (OBS)

Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Errichtung einer OBS am Standort der HRS Edewecht, Breeweg, sind deutlich leichter zu erfüllen. Die „Umwandlung“ der HRS Edewecht zur Oberschule ist – sofern gewünscht – allein aufgrund der Entscheidung des Schulträgers möglich. Hintergrund ist hier, dass die Oberschulen die vorhandenen Hauptschulen, Realschulen und zusammengefassten Haupt- und Realschulen ersetzen sollen.

 

Oberschulen sind Regelschulen, jedoch auch hier haben die Schüler/innen die Möglichkeit, statt der Oberschule eine Hauptschule, Realschule oder Gymnasium desselben oder eines anderen Schulträgers im Landkreis Ammerland zu wählen. Auch hier besteht nach dem Schulrecht die Verpflichtung für den anderen Schulträger zur Aufnahme der Schüler/innen. Die Situation ist jedoch insoweit differenziert zu betrachten, dass derzeit alle Ammerlandgemeinden beabsichtigen, bestehende Hauptschulen, Realschulen oder zusammengefasste Haupt- und Realschulen in Oberschulen umzuwandeln. Mit der vollständigen Umwandlung der bestehenden Haupt- und Realschulstruktur innerhalb des Landkreises erübrigt sich sodann dieses Recht/diese Verpflichtung.

 

Eine Umwandlung der HRS Edewecht zur Oberschule könnte des Weiteren um ein gymnasiales Angebot erweitert werden. Hier ist entscheidend, ob die Gemeinde Bad Zwischenahn die zwingend erforderliche Zustimmung erteilt. Ebenso wird für die Eltern die Anwahl der OBS am Breeweg im Weiteren vom pädagogischen Konzept und der Entscheidung über die Organisations- und Unterrichtsform abhängen. Hier sind die notwendigen Entscheidungen im Schulvorstand auch bezüglich der Ganztagsbeschulung, ob teilgebunden oder offen gearbeitet werden soll, rechtzeitig herbeizuführen und in die Konzeption einzuarbeiten.

 

Aus Sicht der Verwaltung wären hier die jahrgangsübergreifende Arbeit im Unterricht und ein teilgebundenes Ganztagsangebot zielführend.

Die Problematik der Mindestschülerzahl für die Realisierung eines gymnasialen Angebotes an der OBS besteht jedoch auch hier. Die Mindestschülerzahl von 27 Schüler im gymnasialen Zweig sind von Beginn an nachzuweisen, auch wenn die OBS evtl. jahrgangsbezogen arbeitet. Spätestens ab dem Schuljahrgang 6 wäre die Bildung eines gymnasialen Zweiges notwendig. Dieser könnte nur dann eine entsprechende Vielfalt bieten, wenn ausreichend Schüler vorhanden sind.

 

Die Mindestschülerzahl könnte erreichbar erscheinen, wenn – beurteilt auf der Basis der Schullaufbahnempfehlungen aus Februar 2012 – das Anwahlverhalten der Eltern sich dahingehend verändert, dass die tatsächlich zur Haupt- oder Realschule Empfohlenen die OBS auch anwählen, weil die Eltern dort aufgrund des gymnasialen Angebotes eine gute, leistungsgerechte Bildung der Kinder erwarten/erhoffen. Dies wird wiederum entscheidend vom pädagogischen Konzept der OBS abhängen. Inwieweit vor dem Hintergrund des Fortbestandes der Außenstelle des GZE ein gymnasialer Zweig konkurrenzfähig ist und nachhaltig (10 Jahre) angewählt werden würde, ist jedoch schwierig zu belegen. Insgesamt bleibt jedoch festzuhalten, dass das Erreichen der Mindestschülerzahlen für OBS deutlich leichter ist, als das Erreichen der Zahlen für IGSen.

 

Es gäbe darüber hinaus auch die Alternative der „Umwandlung“ der HRS Edewecht zur Oberschule mit gymnasialem Angebot mit gemeindeweiter Zuständigkeit. Dies würde zum einen bedeuten, dass die gerade genehmigte Oberschule in Friedrichsfehn nicht realisiert wird und zum anderen die Oberschule mit einer Außenstelle in Friedrichsfehn arbeiten müsste. Ob auch in dieser Konstellation die Mindestschülerzahl von 27 Schülern pro Schuljahrgang im gymnasialen Zweig erreicht werden würde, ist fraglich.

 

Die vorhandenen baulichen Anlagen reichen derzeit zur Beschulung aller Edewechter Schüler/innen aus. Die Mitnutzung von Außenstellenstellen ist für OBSen ausdrücklich zur Auslastung der vorhandenen Gebäude vorgesehen. Perspektivisch sind Rückgänge der Schülerzahlen zu verzeichnen, so dass grundsätzlich zunächst keine weiteren neuen baulichen Maßnahmen zu erwarten sind. Es bleibt jedoch die Entwicklung des evtl. gymnasialen Angebotes abzuwarten. Hier können konkrete Berechnungen erst mit Kenntnis von Übergangszahlen begonnen werden. Zusätzlicher Fachraumbedarf wird nicht erwartet.

 

Die Umwandlung der HRS Edewecht zur OBS hätte jedoch generell den Vorteil, dass  durch die Festlegung eines gemeinsamen Einzugsbereiches für beide OBSen in Edewecht und Friedrichsfehn eine Steuerung der Schülerströme möglich würde. Der Schulträger könnte sodann für die OBS in Friedrichsfehn eine Höchstzügigkeit festlegen. Innerhalb beider OBS können die Schüler sodann zur Sicherung und Auslastung beider Standorte entsprechend zugeordnet werden.

 

Zwischenfazit

Die Umwandlung der HRS Edewecht zu einer Oberschule mit teilgebundenem Ganztagsangebot sollte angestrebt werden. Sofern die Elternbefragung eine ausreichende Nachfrage nach einem gymnasialen Angebot unter Sicherstellung der erforderlichen Mindestschülerzahlen ergibt, könnte die OBS sodann auch ein gymnasiales Angebot umfassen.  


Beschlussvorschlag:

1. Die Gemeinde Edewecht als Schulträgerin der HRS Edewecht spricht sich dafür aus, die HRS in eine Oberschule, nach Möglichkeit mit einem gymnasialen Angebot, als teilgebundene Ganztagsschule umzuwandeln. Die Umwandlung zur teilgebundenen Ganztagsoberschule sollte zum nächstmöglichen Termin angestrebt werden.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, mit dem Schulträger des Gymnasiums Bad Zwischenahn-Edewecht, der Gemeinde Bad Zwischenahn, Kontakt hinsichtlich der Zustimmung zur Einrichtung eines gymnasialen Angebotes an der neuen Oberschule am Breeweg aufzunehmen.

3. Die Verwaltung wird ferner beauftragt, Kontakt mit dem Schulvorstand der jetzigen HRS Edewecht hinsichtlich der Gestaltung der Organisations- und Unterrichtsform der Oberschule aufzunehmen. Der Schulträger bevorzugt für die Oberschule die jahrgangsübergreifende Beschulung und ein teilgebundenes Ganztagsangebot.

4. Die HRS Edewecht wird aufgefordert, ein pädagogisches Konzept zur Einführung einer Oberschule am Standort am Breeweg unter alternativer Berücksichtigung eines gymnasialen Angebotes, eines jahrgangsübergreifenden Unterrichts und einer teilgebundenen Ganztagsbeschulung bis zum 31. Aug. 2012 auszuarbeiten.

5. Eine Elterninformation soll vorbereitetet werden, sobald die umsetzbaren Rahmenbedingungen (Gymnasiales Angebot, Ganztagsangebot, Unterrichtsform) geklärt sind. Die Elterninformation soll bis spätestens 30.09.2012  unter Einbindung der Schule, der Niedersächsischen Landesschulbehörde und der Verwaltung durchgeführt werden.

6. Sofern die anschließende Elternbefragung eine ausreichende Nachfrage nach einem gymnasialen Angebot unter Berücksichtigung der notwendigen Schülerzahlen ergibt und die Zustimmung der Gemeinde Bad Zwischenahn vorliegt, ist die Oberschule um ein gymnasiales Angebot zu erweitern.