Beschlussvorschlag:

Im Baugebiet Nr. 198 in Jeddeloh II wird kein Gasleitungsnetz errichtet.

 

In den Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 198 „nördlich der Gartenstraße“ in Jeddeloh II wird zusätzlich folgende textliche Festsetzung aufgenommen:

„Innerhalb der festgesetzten allgemeinen Wohngebiete 1-2 (WA 1-2) ist die Verwendung fossiler Brennstoffe für die Wärme- und Warmwasserversorgung unzulässig (§ 9 (1) Nr. 23a BauGB)“.

 

 


FBL Torkel führt kurz in den bisherigen Stand zur Thematik ein und verweist ausdrücklich auf die mit heutiger Mail übersandten Textlichen Festsetzungen über ein Verbot fossiler Brennstoffe (Anlage 2 zu diesem Protokoll), wonach das Beheizen von Gebäuden unter Ausschluss von fossilen Energien festgelegt werden kann. Im Anschluss erläutert SGL Knorr die rechtlichen Rahmenbedingungen (Anlage 3 zu diesem Protokoll).

 

Dipl.-Geol. Dr. Gaschnitz erläutert die mit der Einladung versandte Machbarkeitsstudie einer Erdwärmeversorgung mit Hilfe einer kurzen Präsentation (Anlage 4 zu diesem Protokoll). Hierbei weist er unter anderem darauf hin, ab 01.02.2022 werde nur noch der Gebäudeenergiestandard Effizienzhaus 40 gefördert, weshalb davon ausgegangen werden könne, dass die überwiegende Zahl der Bauten in diesem Gebiet nach diesem Standard errichtet würden. Hieraus ergäbe sich in der Folge der Bedarf der Wärmeenergie, der mit steigender Effizienz und somit zunehmender Wärmedämmung im Übrigen immer weiter sinke. Insofern löse jedwede Investition in eine Wärmeversorgung steigende Wärmegestehungskosten aus, weil die Investitionskosten in Relation zum Wärmebedarf stiegen.

 

In der anschließenden Aussprache führt Dr. Gaschnitz auf Nachfragen RH Bekaans aus, aus bergbaurechtlicher Sicht werde davon ausgegangen, bei Bohrungen von mehr als 100 m Tiefe müsse mit größerem Gerät gearbeitet werden, weshalb hierfür besondere Genehmigungen notwendig seien. Dies stelle jedoch keine besondere planerische oder zeitliche Hürde dar, weil die Niedersächsische Bergbaubehörde bestrebt sei, solche Projekte ergebnisorientiert zu begleiten. Für dieses Baugebiet sei im Übrigen davon auszugehen, dass Bohrungen über 100 m hinaus nicht nötig seien. Die horizontale Leitungsführung vom Sondenfeld zu den Häusern führe im Falle einer kalten Nahwärmeversorgung nicht zu einer Abkühlung der gewonnenen Erdwärme, weil durch die eingesetzten technischen Prozesse mittels Wärmeträgerflüssigkeit die aus der Erde gewonnene Wärme immer noch deutlich unter der durchschnittlichen Temperatur der Erdoberfläche liege, weshalb durch eben diese Prozesse die dann immer noch wärmere Umgebungstemperatur der Erdoberfläche zusätzlich zur Wärmegewinnung diene. Ein Wärmeverlust sei somit ausgeschlossen. Die Gewinnung nur aus Flächenerdwärme, also ohne Tiefenbohrungen, benötige allerdings so viel Platz, dass dies oftmals nicht mehr in einem ausreichenden Verhältnis zur entsprechenden Wohnbebauung stehe. Eine Auskühlung des Bodens durch ein Sondenfeld sei tatsächlich zu erwarten, allerdings würden die Abstände der Sonden größer gesetzt, als rechtlich vorgesehen, wodurch dieser Effekt deutlich verzögert werde. Grundsätzlich sei beim Betrieb solcher Anlagen immer der letzte Tag der vorgesehenen Nutzung zu betrachten, der planmäßig in 50 Jahren nach Inbetriebnahme liege. Planmäßig müssten daher in 50 Jahren alle Anforderungen vollumfänglich gewährleistet sein, was bedeute, kurz vor Ablauf des vorgesehenen Betriebszeitraumes funktioniere die Anlage noch besser als geplant und im 50. Jahr sodann planmäßig. Die Temperaturabsenkung des Bodens wirke sich im Übrigen in den ersten Jahren stärker aus als in den letzten und verändere sich zum Ende hin kaum noch, weshalb die Sonden auch deutlich über 50 Jahre hinaus weiter betrieben werden könnten. Lösungen mit kleinen Sondenfeldern für eine bestimmte überschaubare Anzahl angeschlossener Häuser zur Vermeidung langer Leitungsnetze seien technisch sicher möglich, bärgen jedoch rechtliche Risiken insbesondere bei Nachbarschaftskonflikten. Zudem müsse der Unteren Wasserbehörde die rechtliche Verantwortung und die Haftung für diese Anlagen übermittelt werden, was klare vertragliche Verhältnisse innerhalb solcher nachbarschaftlichen Gruppen bedinge. Solche Lösungen seien daher allenfalls bei Nutzung öffentlicher oder gemeinschaftlicher Flächen für kleinere Sondenfelder vorstellbar. Im Baugebiet Nr. 198 seien für solche Lösungen die Straßen allerdings zu schmal und zudem mit erheblicher Infrastruktur ausgestattet.

 

RH Eiskamp weist darauf hin, das Baugebiet solle nach derzeitigem Stand über zehn Jahre in drei Schritten erschlossen werden, und bittet um Erläuterung, ob die notwendige Infrastruktur für die Wärmegewinnung auch in diesen Schritten oder analog der baulichen Entwicklung umgesetzt werden solle. Darüber hinaus müsse bedacht werden, dass in einigen Jahren möglicherweise bereits andere oder Folgetechniken bevorzugt werden könnten. Hierzu führt Dr. Gaschnitz aus, eine Segmentierung solcher Nahwärmenetze und damit eine angepasste Einbringung der erforderlichen Sonden sei durchaus üblich. Hieraus ergäben sich sodann auch Erfahrungswerte bspw. hinsichtlich möglicher Überdimensionierungen, was u. U. zu Einsparungen aufgrund weniger notwendiger zusätzlicher Sonden führen könne. Allerdings sei die einmalige Errichtung eines Wärmenetzes einer gewissen Länge günstiger als die mehrmalige Errichtung von Teilstücken. FBL Torkel ergänzt, technisch sei eine Segmentierung sicherlich möglich, allerdings müsse für jeden Abschnitt erneut der Betrieb ausgeschrieben werden, wodurch möglicherweise unterschiedliche Betreiber den Zuschlag erhielten. Aus diesem Grunde werde verwaltungsseits für den ersten Bauabschnitt das Mischmodell präferiert, durch welches die Bohrungen kostengünstiger und ggf. unter Einwerbung von Fördermitteln umgesetzt werden könnten. Für die weiteren Bauabschnitte könne sodann mit längerem Vorlauf über die Errichtung bspw. eines umfänglichen Kalten Nahwärmenetzes nachgedacht werden.

 

RH Reil betont, heute solle zunächst nur ein Beschluss über den Verzicht auf nichtregenerative Energien vorbereitet werden, nicht jedoch über die Art der Wärmegewinnung. Würde allerdings in der Folge ein Nahwärmenetz errichtet, sei hierfür ein Betreiber notwendig, der mit den Hauseigentümerinnen und -eigentümern entsprechende Nutzungsverträge abschließen müsse. Es dürfe aber nicht außer Acht gelassen werden, dass solche Verträge von Einzelnen möglicherweise nicht gewollt seien und Hauseigentümerinnen oder -eigentümer andere Wärmequellen einsetzen wollten. Des Weiteren bittet er Dr. Gaschnitz um Auskunft, ob seine Studie sich ausschließlich auf Wärmenetze unter Ausschluss fossiler Energien beziehe und wie der durch die verpflichtend vorgeschriebenen privaten Photovoltaik-Anlagen erzeugte Strom, der insbesondere der Wärmeerzeugung dienen solle, tatsächlich hierfür genutzt und der damit einhergehende finanzielle Aspekt geregelt werden solle. Grundsätzlich sei die Verpflichtung zu Photovoltaik-Anlagen auf allen Dächern sehr zu begrüßen, so Dr. Gaschnitz. Die Verbindung dieser Anlagen mit einer zentralen Wärmegewinnungsanlage müsse sicherlich juristisch eingehend betrachtet werden und stelle sich im Vergleich zu dezentralen Einzellösungen durchaus problematischer dar. Die in die Betrachtung einbezogenen Mittleren Wärmenetze benötigten keine zusätzlichen fossilen Brennstoffe, weil die benötigten Temperaturen für Heizung und Wasser erreicht würden. Die Anschlussrate könne durch entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan beeinflusst werden. Dennoch gebe es für bestimmte Fälle wie bspw. bei Errichtung eines Null-Energiehauses sicherlich auch Ausnahmen von der Anschlusspflicht. Sollten für Nahwärmenetze Förderungen eingeworben werden, sei ein solcher Anschlusszwang allerdings förderschädlich. Es könne jedoch förderunschädlich in den Grundstückskaufverträgen die Auflage eines Anschlusses an das vorhandene Wärmenetz vereinbart werden. Hauptsächlich gelte es jedoch, gute Überzeugungsarbeit zu leisten. Sei die Anschlussquote eher ungünstig, erhöhe sich selbstverständlich das Betreiberentgelt für die verbleibenden Nutzenden. FBL Torkel ergänzt, die Praxis zeige, werde ein Angebot für Fernwärme nach der Fernwärmeverordnung gemacht, gebe es durchaus Möglichkeiten, hiervon keinen Gebrauch zu machen, sofern andere schlüssige Konzepte, die dieser Verordnung nicht wiedersprechen, vorgelegt würden. Insofern sei eine Anschlussquote von 100 % kaum zu realisieren. Sofern eine 100 %-Quote gewünscht werde, sei dies nur mit einer kommunalen Einrichtung und Anschluss- und Benutzungszwang möglich. Insgesamt seien zu dieser Thematik sicherlich noch viele Detailfragen zu erörtern. Schlussendlich gehe es heute darum, eine klare Regelung zum Ausschluss fossiler Brennstoffe für die Wärmegewinnung im Baugebiet zu treffen.

 

RH Vehndel ist noch nicht klar, welche Komponenten der Wärmeversorgung der Häuser bei einer zentralen Versorgungsvariante vom Betreiber zur Verfügung gestellt werden und wie kompliziert dieser Aspekt für die Bauleute sein wird. Dr. Gaschnitz führt aus, nach seiner Erfahrung liefere der Betreiber in der Regel komplette Wärmelösungen und liefere bis einschließlich der Wärmepumpe, die im Eigentum des Betreibers verbleibe. Erst nach der Wärmepumpe gehe die Zuständigkeit auf die Hauseigentümer und -eigentümerinnen über. Dies biete den Vorteil, dass in den Häusern unabhängig vom persönlichen Baubudget eine qualitativ hochwertige Anlage eingebaut werde und diese vom Betreiber gewartet, bei Bedarf unverzüglich repariert und ggf. ausgetauscht werde.

 

RH Eiskamp bittet um zeitnahe ausführliche und fundierte Informationen zu dieser für alle neuen Thematik, um sodann im nächsten Bauausschuss bereits weiterführende Beschlüsse auf der Grundlage umfänglichen Wissens vorbereiten zu können. Bisher seien zwar von verschiedenen Seiten Informationen geflossen, diese widersprächen sich allerdings in einigen Aspekten. FBL Torkel verdeutlicht noch einmal, für die öffentliche Auslegung sei heute nur über den verwaltungsseitigen Beschlussvorschlag abzustimmen. Während dann das weitere Verfahren laufe, könnten parallel alle Fragen und Hinweise aus der Verwaltung, Politik und auch Einwohnerschaft gesammelt und gebündelt in einem geeigneten noch zu bestimmenden Kreis ggf. unter Hinzuziehung von Fachleuten erörtert werden.

 

RH Apitzsch zeigt sich namens seiner Gruppe Gemeinsam für Edewecht nicht überzeugt von der Notwendigkeit eines solchen Wärmekonzeptes, weil bereits umfangreiche Vorgaben hinsichtlich einer besseren Klimabilanz vorgesehen seien und die künftigen Hauseigentümerinnen und -eigentümer nicht durch noch mehr einschränkende Regelungen belastet werden sollten. Der Beschlussempfehlung werde er daher nicht zustimmen.

 

RH Reil befürwortet dagegen den Verzicht auf die Bereitstellung eines Gasnetzes ausdrücklich für dieses konkrete Baugebiet und auch für künftige Plangebiete. Im Zusammenspiel mit der Stromerzeugung durch Photovoltaik-Anlagen führten die alternativen Wärmenetze in die richtige Richtung und belasteten die Nutzenden mittelfristig auch nicht durch deutlich höhere Kosten, zumal der Gasmarkt mittlerweile sehr unübersichtlich und schwer vorherzusehen sei. Künftig gelte es darüber hinaus auch, über die zu verwendenden Baumaterialien nachzudenken. Er werde daher dem Beschlussvorschlag zustimmen.

 

Sodann unterbreitet der Ausschuss dem VA folgenden geänderten