Beschluss:

Die Straßenausbaubeitragssatzung der Gemeinde Edewecht vom 25.03.2015 wird mit Wirkung vom 01. April 2019 aufgehoben.

Die vorliegende Aufhebungssatzung wird beschlossen.


BMin Lausch erläutert zunächst die am gestrigen Tage allen Ratsmitgliedern zugesandte Information (Anlagen 3 und 4 zu diesem Protokoll).

In der anschließenden Diskussion führt RH Kaptein aus, auch in seiner FDP-Fraktion sei die jüngste Pressemitteilung der Landesregierung eingehend diskutiert worden, wesentliche Neuerungen seien daraus jedoch nicht ersichtlich. Es solle daher nicht noch einmal fünf Jahre abgewartet, sondern die Straßenausbaubeitragssatzung aufgehoben werden.

Auch RH Krause spricht sich für die Aufhebung aus, da auch aus seiner Sicht durch die Straßenausbaubeitragssatzung insbesondere Rentner und Familien benachteiligt würden. Im Gegenzug schlage er vor, die derzeit sehr niedrigen kommunalen Steuersätze leicht anzuheben und zur Stärkung der Gewerbesteuereinnahmen auf eine Ansiedlung weiterer Gewerbebetriebe hinzuwirken.

RH Heiderich-Willmer unterstützt den Änderungsantrag der Bürgermeisterin, um im Verlauf von fünf Jahren prüfen zu können, ob die angedachten Neuregelungen zu einem positiven Ergebnis führten. Er sieht kein ausschlaggebendes Argument für eine Aufhebung der Satzung und führt noch einmal aus, die Satzung produziere aus seiner Sicht keine Ungerechtigkeiten und treibe auch keine privaten GrundstückseigentümerInnen in den Ruin. Ungerechtigkeiten seien dagegen künftig zu erwarten, wenn GrundstückseigentümerInnen durch Steuern Straßenbaumaßnahmen finanzieren müssten, obwohl sie für ihre Wohnstraße bereits bis zu 90% der Kosten finanziert hätten. Zu bedenken sei auch, dass durch die Straßenausbaubeitragssatzung insbesondere auch Gewerbebetriebe analog der durch sie verursachten Beanspruchung zu Beitragszahlungen herangezogen würden, was ohne Straßenausbaubeitragssatzung nicht möglich sei. Gleiches gelte für Grundstücke mit Mietshäusern. Er sehe im Übrigen keine alternativen Einnahmequellen, zumal gerade die Fraktionen der FDP und CDU bisher stets gegen Steuererhöhungen gewesen seien, die Steuereinnahmen künftig aber eher zurückgingen. Bezüglich des aktuellen Straßenkatasters mit einem Finanzbedarf von rd. 12 Mio €, wolle man alle Straßen auf einen Schlag in einen hinlänglich guten Zustand versetzen, seien für den mittelfristigen Finanzplanungszeitraum ca. 1,4 Mio € für erste Sanierungsmaßnahmen vorgesehen. Er frage sich, wie dieses Geld aufgebracht werden solle.

RH Brunßen verweist auf die fast ein Jahr dauernde Diskussion zu diesem Thema und erinnert, ursprünglich habe der Rat eine abschließende Entscheidung erst zum Ende dieses Jahres treffen wollen, um so einer Entscheidung auf Landesebene nicht vorzugreifen. Aus dem vorgelegten Entwurf der Landesregierung seien keine nennenswerten Änderungen zu erkennen, weshalb die Straßenausbaubeitragssatzung nunmehr aufgehoben werden solle. Sicher gebe es gute Gründe für und gegen die Aufhebung der Satzung, u. a. sei jedoch zu bedenken, dass durch die Verabschiedung des nun vorgestellten Entwurfs der Landesregierung die Einnahmen aus Straßenausbaubeitragssatzungen verringert würden, wodurch das Verhältnis von Aufwand für die Verwaltung (z. B. Be- und Abrechnung der Beiträge) und Einnahmen aus Beiträgen in eine Schieflage gerate. Im Übrigen bedeute eine Aufhebung der Satzung aufgrund der Erfahrungen aus den Vorjahren lediglich Einbußen von rd. 200.000 € jährlich. Diese Mindereinnahmen könnten sicherlich auch ohne Steuererhöhungen kompensiert werden. Hinzu käme, dass die Gemeinde Edewecht nicht eben an Attraktivität gewinne, wenn sie als einzige im Ammerland an einer Straßenausbaubeitragssatzung festhalte.

RF Taeger weist darauf hin, seit Verabschiedung der jetzigen Fassung der Straßenausbaubeitragssatzung in 2015 sei bei jeder Straßenausbaumaßnahme lange über die Umfänge der Maßnahmen und die hieraus jeweils resultierenden finanziellen Belastungen der betroffenen AnwohnerInnen diskutiert worden. Besonders deutlich habe sich dies bei der letzten Bereisung der gemeindlichen Straßen gezeigt. Es sei traurig, dass insofern die Vermeidung von Verbeitragungen Vorrang bekomme vor notwendigen und nachhaltigen Sanierungen. Ihre SPD-Fraktion wünsche deshalb, nunmehr eine Entscheidung für oder wider die Straßenausbaubeitragssatzung zu fällen, um derartige Diskussionen für die Zukunft auszuschließen. Aus Sicht ihrer Fraktion habe die derzeitige Satzung ihr Ziel, auch bezüglich der praktischen Umsetzbarkeit, offensichtlich verfehlt. Die im Änderungsantrag der Bürgermeisterin zitierten Erleichterungen zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen des Entwurfs der Landesregierung nähmen nicht das Grundproblem der Straßenausbaubeitragssatzungen auf und führten damit weder zu einer besseren Handhabung noch zu größerer Akzeptanz. Bei Abwägung aller Vor- und Nachteile einer Straßenausbaubeitragssatzung blieben Intransparenz und scheinbare Willkür bei der Anwendung und die Nichtangemessenheit der Beiträge die Hauptkritikpunkte. Vorstellbar sei aus Sicht ihrer Fraktion eine verursacherbezogene Straßenausbaubeitragssatzung, die Anliegern zudem nur die Leistungen in Rechnung stelle, die ihnen einen echten Vorteil brächten. Hierzu fehle es jedoch offensichtlich an rechtlichen Möglichkeiten. Die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung könne für die Gemeinde jedoch erhebliche finanzielle Mehrbelastungen und Einsparungen bei anderen wichtigen Maßnahmen bedeuten. Sie wünsche sich daher von Seiten der Antragsteller Vorschläge, wie und wo die entfallenden Beiträge eingespart bzw. gegenfinanziert werden könnten. Sofern solche Vorschläge fehlten, könne ihre Fraktion der Aufhebung der Satzung nicht zustimmen.

BMin Lausch führt aus, auch ohne Straßenausbaubeitragssatzung sei künftig aufgrund rechtlicher Bestimmungen durchaus die Erhebung von Beiträgen möglich. Dadurch könne es durchaus zu vermeintlichen „Ungerechtigkeiten“ kommen, bspw. bei Sanierungsmaßnahmen von Straßen, die teilweise im Innen- und teilweise im Außenbereich lägen und damit einen Teil der Anwohner zu Beiträgen verpflichteten, einen anderen Teil jedoch nicht.

RH Kaptein verdeutlicht noch einmal den Antrag seiner FDP-Fraktion und führt insbesondere aus, auch vor Inkrafttreten von Straßenausbaubeitragssatzungen seien Straßen gebaut und unterhalten worden. Die Finanzierung sei aus allgemeinen Steuern und Abgaben bestritten worden. Dies müsse und werde auch nach Aufhebung der Satzung wieder möglich sein. Insofern gebe es sehr wohl Aussagen zur Gegenfinanzierung. Er zeigt sich darüber hinaus irritiert, dass seiner Fraktion Populismus vorgeworfen worden sei. Seine Fraktion habe bereits vor der letzten Kommunalwahl auf die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung gedrungen. Damals sei die Problematik von den anderen Fraktionen offensichtlich nicht erkannt worden. Mittlerweile werde dieses Ansinnen jedoch von anderen Fraktionen unterstützt und diene dem Wohl der BürgerInnen. RH Kaptein zitiert den Nds. Steuerzahlerbund, der jüngst Straßenausbaubeiträge als ungerecht, streitanfällig, vielfach existenzgefährdend, verwaltungsaufwendig und mit hohem politischen Ärger in Kommunen behaftet dargestellt habe.

Er wünsche sich den Mut, die damals offensichtlich falsche Entscheidung zur Einführung einer Straßenausbaubeitragssatzung nun zum Wohle der Bevölkerung zu korrigieren.

RH Dr. Fittje spricht sich für den Antrag der Bürgermeisterin aus. Die Gemeinde Edewecht habe u. a. sehr niedrige Steuersätze und Abwassergebühren. Hierdurch verzichte sie bereits auf mögliche Mehreinnahmen und dürfe insofern nicht mit anderen Ammerlandgemeinden verglichen werden, die bspw. z. T. darüber hinaus noch Oberflächenentwässerungsgebühren erhöben. Durch die Straßenausbaubeitragssatzung würden Beiträge von Anwohnern/Anwohnerinnen erhoben, die von den auslösenden Maßnahmen tatsächlich profitierten. Dies sei rechtlich in Ordnung und moralisch vertretbar. In Anbetracht des großen Investitionsstaus bzgl. der gemeindlichen Straßen sollte eine Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung wohl überlegt sein. Bisherige Verbeitragungen aufgrund der Straßenausbaubeitragssatzung wären zwar kritisch gesehen worden, hätten seiner Ansicht nach jedoch niemanden in den Ruin gestürzt und den Anwohnerinnen und Anwohnern letztlich deutliche Vorteile gebracht. Er befürchte, die Verlässlichkeit des Rates würde beschädigt, wenn für eine gewisse Zeit AnliegerInnen für die Bereitstellung ordentlicher Straßen zahlen müssten, dies dann jedoch wieder abgeschafft und eine Erstattung der Beiträge verwehrt würde.

RH Eiskamp führt aus, ein/e GrundstückskäuferIn in einem Neubaugebiet könne sicher sein, mit dem Grundstückskaufpreis auch bereits die Wohnstraße bezahlt zu haben. KäuferInnen von Grundstücken an bereits bestehenden Straßen hätten diese Sicherheit nicht und befänden sich insofern im Nachteil.

RH Apitzsch spricht sich namens seiner UWG-Fraktion für den Erhalt der Straßenausbaubeitragssatzung unter Anwendung des Änderungsantrages aus und betont, einerseits könne eine Verbeitragung nach der Straßenausbaubeitragssatzung Gefühle der Ungerechtigkeit bspw. bei finanziell schlechter gestellten Menschen auslösen, andererseits könne es als Ungerechtigkeit empfunden werden, wenn z. B. Gewerbebetriebe oder finanziell besser gestellte Menschen aus allgemeinen Steuermitteln Vorteile erhielten. Zur Argumentation, Menschen an übergeordneten Straßen bräuchten auch bei Bestehen einer Straßenausbaubeitragssatzung keine Beiträge zahlen führt er aus, dort herrsche i. d. R. sehr viel Verkehr, der eine hohe Belastung für die Anwohner bedeute.

Auch RH Reil betont, sollten Straßenbaumaßnahmen künftig vollständig aus allgemeinen Steuern und Abgaben finanziert werden, wie von der FDP-Fraktion gefordert, müsse an anderer Stelle auf Ausgaben verzichtet werden. Zudem weist er darauf hin, Grundsteuereinnahmen flössen zu einem gewissen Teil an den Landkreis, weshalb selbst bei einer leichten Erhöhung dieser Steuern keine angemessene Kompensation der durch die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung entfallenden Einnahmen erreicht werden könne. Außerdem könnten Steuern bspw. auf Mieten umgelegt werden, Straßenausbaubeiträge dagegen nicht.

Letztlich lässt RV Hohnholz zunächst über den Änderungsantrag der Bürgermeisterin abstimmen. Dieser verfällt bei 9 Ja-Stimmen, 19 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen der Ablehnung. 

Sodann fasst der Rat folgenden