Beschlussvorschlag:

Der kreisweiten Windkraftpotenzialstudie werden die modifizierten Ausschluss- und Abstandskriterien als so genannte harte (mit rechtlichem Ausschluss) und weiche (Vorsorgeabstände) Planungskriterien zu Grunde gelegt (vergleiche Anlage zur Beschlussvorlage zur Sitzung des Bauausschusses am 19.02.2013).


Der stellvertretende Vorsitzende Vehndel weist eingangs der Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt auf ein Schreiben eines Edewechter Bürgers zur Thematik Windenergie hin, welches als Tischvorlage zu Beginn der Sitzung an die Ausschussmitglieder verteilt worden ist. Dieses Schreiben liegt diesem Protokoll als Anlage Nr. 1 zur Kenntnisnahme bei.

 

GOAR Kahlen führt sodann anhand der Beschlussvorlage in den Sachverhalt ein und übergibt dann im Folgenden an Herrn Dietmar Wolke, Amt für Kreisentwicklung des Landkreises Ammerland. Herr Wolke erläutert in seinen Ausführungen, dass der Aspekt der Rechtssicherheit bei der Beschäftigung mit der Thematik Windenergie für den Landkreis und die Gemeinden von Anfang an höchste Priorität gehabt habe. Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus Dezember 2012 zu den Anforderungen an der Herleitung und Abschichtung der sog. harten und weichen Tabuzonen im Rahmen der Ermittlung von Windpotenzialflächen habe sich daher das Erfordernis der Anpassung des Kriterienkatalogs ergeben. Er stellt außerdem heraus, dass ein Aspekt, weshalb das Thema Windenergie im Landkreis Ammerland im letzten Jahr erneut aufgegriffen worden sei, das vom Kreistag beschlossene Energie- und Klimaschutzkonzept sei, wonach bis zum Jahr 2020 im Landkreis 50 % des Stromes aus regenerativen Energiequellen stammen solle. Neben der Sonnenenergie und der Energie aus Biomasse stehe hierfür im Ammerland die Windenergie zur Verfügung. Gleichzeitig ist für das Ammerland die Erhaltung der Kulturlandschaft, auch mit Blick auf die touristische Bedeutung, von großer Wichtigkeit. Bei der Erreichung der Klimaschutzziele sei es daher erforderlich, so zu planen, dass die Flächeninanspruchnahme hierfür möglichst gering bleibt. Ein weiterer Erfolgsfaktor sei aus seiner Sicht außerdem, dass die Potenzialstudie von allen Gemeinden mitgetragen werde. Daher werde der Landkreis auch weiterhin ein eng abgestimmtes Vorgehen praktizieren.

 

Zur Erläuterung des Sachstandes trägt sodann Dipl.-Ing. Janssen, NWP, anhand einer Präsentation detailliert vor. Der Vortrag ist als Anlage Nr. 2 dem Protokoll beigefügt. In seinen Ausführungen erläutert er zunächst die bislang absolvierten Schritte des Verfahrens. Hierbei arbeitet er heraus, dass aufgrund der aus Rechtssicherheitsgründen unbedingt zu beachtenden aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur Systematik der Berücksichtigung von harten und weichen Tabuzonen der bislang zugrunde gelegte Abstandskriterien-Katalog überarbeitet werden musste. Es wird von ihm zunächst die aus dem BVerwG-Urteil auf die Ammerländer Studie abgeleitete Systematik zu den harten und weichen Ausschlusskriterien im Allgemeinen erläutert, bevor er die abstandsrelevanten Auswirkungen auf die jeweiligen Kriterien im Einzelnen erläutert. Abschließend wird von ihm das sich nach jetzigem Bearbeitungsstand und unter Zugrundelegung des heute zur Abstimmung gestellten Kriterienkatalogs ergebende Ergebnis anhand entsprechenden Kartenmaterials dargestellt. Im Falle einer Zustimmung zu den modifizierten Kriterien in allen Gemeinden werde man die Studie voraussichtlich bis Anfang April fertig stellen können.

 

Herr Wolke weist hieran anschließend auf die besondere Situation bezüglich der im Bereich Husbäke dargestellten Potenzialfläche hin. Diese Fläche ergibt sich aufgrund der Herausnahme dieses Bereiches aus der Vorrangstellung Rohstoffsicherung auf Ebene des Landesraumordungsprogramms 2012. Da die Fläche allerdings formal im Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Ammerland noch als Vorrangfläche dargestellt ist, sei für diesen Bereich im Falle einer beabsichtigten Nutzbarmachung für die Windenergie auf regionaler Ebene noch in geeigneter Weise eine Freistellung von der Vorrangstellung vorzunehmen. Da die Fläche auf Landesebene aus faktischen Gründen, nämlich wegen des Fehlens einer wirtschaftlich verwendbaren geschlossenen Torfauflage, aus der Vorrangstellung entlassen wurde, könne er dies für die regionale Ebene im Falle eines entsprechenden Antrages ebenfalls in Aussicht stellen.

 

Am Beispiel dieser Fläche macht er deutlich, dass mit dem Ergebnis der Studie noch keine Aussage verbunden sei, welche Flächen abschließend für die Windenergie geeignet sind. Für diese Aussage sei im Anschluss an die Studie insbesondere die Untersuchung der einzelnen Flächen unter dem Aspekt von Natur und Landschaft und hier insbesondere hinsichtlich der avifaunistischen Gegebenheiten vor Ort erforderlich. So sei es möglich, dass sich im Zuge dieser Untersuchungen herausstellt, dass die Fläche in Husbäke eventuell nur teilweise oder sogar überhaupt nicht geeignet ist, weil sich dort z.B. ein Durchzugs- und/oder Rastgebiet von Kranichen befindet.

 

In der anschließenden Aussprache wird von Stv. Vorsitzenden Vehndel zunächst hinterfragt, ob von der im Kriterienkatalog vorgenommenen Ausgestaltung der weichen Kriterien durch die Gemeinde abgewichen werden könne. Hierzu führt Herr Wolke aus, dass die sog. weichen Kriterien eine Vorsorgeplanung darstellen. Das Maß der Vorsorge, das eine Gemeinde in eine Flächennutzungsplanung mit Konzentrationswirkung einstellt, hänge insbesondere davon ab, ob mit der Planung dem Planungsziel substanziell Raum geschaffen werden könne. Wenn sich auf dem Gebiet einer Gemeinde die Situation ergebe, dass dem Ziel der Ausweisung von Konzentrationsflächen Wind nur dann in substanziellem Umfang Raum geschaffen werden könne, indem das Maß der Vorsorge inhaltlich teilweise hinter dem Planungsziel zurücktrete, sei dies zulässig. Dieses verringerte Vorsorgekriterium müsse dann aber wiederum schlüssig hergeleitet und systematisch für das gesamte Gemeindegebiet angewendet werden. Er stellt in diesem Zusammenhang heraus, dass dieser Abwägungsprozess nicht Gegenstand der jetzigen Studie ist sondern gegebenenfalls in den jeweiligen Gemeinden im Rahmen der weiteren Beschäftigung mit der Thematik Windenergie zu entscheiden sei. Hierzu ergänzt Dipl.-Ing. Janssen, dass die jetzt in die Studie eingestellten Vorsorgeabstände auf die im Bauplanungsrecht entwickelte und anerkannte Systematik der abgestuften Schutzwürdigkeit von Wohnnutzungen in unterschiedlichen planungsrechtlichen Gebietskategorien abstellt und schlüssig und konsequent auf das gesamte Kreisgebiet angewendet wurde. Dieser stringente Rückgriff auf eine nachvollziehbare und anerkannte Systematik sichere eine optimierte Rechtssicherheit der Kriterien.

 

RH Apitzsch hinterfragt hieraufhin, in welchem Umfang überhaupt noch ein Entscheidungsspielraum verbleibe, wenn sich aus Gründen der Rechtssicherheit anscheinend quasi zwingend nur noch das vorgestellte Abstandskriteriensystem ergebe. Hierzu wird von Herrn Wolke nochmals herausgestellt, dass für eine gerichtsfeste Potenzialanalyse die Anwendung eines abgestuften und systematisch begründeten und angewendeten Kriterienkataloges voraussetzt. Nur ausgehend von einer so unangreifbaren Basis werde eine Gemeinde in die Lage versetzt, in die eigentliche Phase der Bauleitplanung einzutreten. Wenn die Ausgangsbasis für die weitere Beschäftigung der Gemeinde mit der Thematik Wind systematische Fehler aufweise, könne letztlich keine abwägungsfehlerfreie Bauleitplanung hieraus entwickelt werden.

 

RH Apitzsch hinterfragt weiterhin, ob eine Gemeinde trotz des Vorliegens mehrerer Potenzialflächen ihre Planung auf eine der Flächen konzentrieren könne. Hierzu erläutert Herr Wolke, dass dies dann möglich sei, wenn im Ergebnis die Planung der Windkraft substanziell Raum verschaffe. Wenn mehrere Flächen grundsätzlich zur Verfügung stehen, könne die Gemeinde anhand weiterer Entscheidungskriterien die Flächen einer Bewertung unterziehen und so eine auf die besonderen Ziele der Gemeinde zugeschnittene Reihenfolge der Flächen hinsichtlich ihrer Eignung als Konzentrationsfläche erarbeiten. Wenn dann durch die an erster Stelle stehende Fläche der Windkraft in ausreichendem Maße Raum gegeben wird, könne eine Gemeinde die übrigen Flächen außer Acht lassen. Für diese übrigen Flächen bestehe dann auch aufgrund der positiven Planung mit Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet auch kein Anspruch auf Errichtung von Windkraftanlagen.

 

Weiterhin erkundigt sich RH Apitzsch, warum nach dem Kriterienkatalog zu einem Wochenendhausgebiet ein größerer Abstand eingehalten werden müsse als zu einem Wohnhaus im Außenbereich. Er hinterfragt in diesem Zusammenhang weiter, ob dies bedeute, dass sich durch die Einrichtung einer Ferienwohnung in ein Wohnhaus im Außenbereich der einzuhaltende Abstand zu diesem Haus erhöhen würde. Herr Wolke erläutert hierzu, dass sich die unterschiedlichen Abstände aus der Anwendung der oben genannten Systematik ergeben. Einem Wohnhaus im Außenbereich ist danach der Schutzanspruch einer Wohnnutzung in einem Mischgebiet zugeordnet. Ein Wochenendhausgebiet ist hinsichtlich von Lärmgrenzwerten einem reinen Wohngebiet gleichgestellt. Er stellt dabei heraus, dass es sich um durch Bebauungsplan als Wochenendhausgebiet festgesetzte Bereiche handeln muss. Die Einrichtung einer Ferienwohnung in einem Wohnhaus im Außenbereich führt nicht zur Erhöhung des Schutzanspruches.

 

Von RH Apitzsch wird angemerkt, dass zu beobachten sei, dass benachbarte Gemeinden andere Abstände in ihre Potenzialstudie einstellen. Herr Wolke erwidert hierauf, dass diese Gemeinden eine andere Systematik zugrunde legen. Die heute zur Beratung vorgelegte Systematik sei aber nach Auffassung der Verwaltung und des Planungsbüros vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung auf der Höhe der Zeit. Die unter Umständen schon früher begonnenen Studien anderer Gemeinden konnten diese klarstellende Rechtsprechung teilweise nicht mehr berücksichtigen. Insoweit sei man im Ammerland in der glücklichen Lage, die Studie noch an diesem Rechtsstand ausrichten zu können.

 

Am Beispiel des Vehnemoores macht RH Apitzsch deutlich, dass er in der Studie bislang die Berücksichtigung eventuell in der Zukunft sich verändernder Wertigkeiten von Flächen und Nutzungen vermisst. Eine zum jetzigen Zeitpunkt getroffene Einschätzung, dass in Nachbarschaft zum Vehnemoor eine Potenzialfläche existieren könnte, dürfe nicht die Entwicklung dieses Bereiches zu einem in Zukunft ökologisch noch wertvolleren Bereich verhindern. Er vermisse daher in der Studie Aussagen zur Folgeabschätzung der Planung. Herr Wolke erwidert hierzu nochmals, dass diese Betrachtung nicht Gegenstand der Studie sein könne. Sie diene letztlich der Grundlagenermittlung und könne nur den Status quo abbilden. Ein wie oben beschriebenes „Ranking“ der Flächen und die Entwicklung einer Abwägungssystematik sei Aufgabe der Gemeinden in dem sich nach Vorlage der Studie anschließenden (eventuellen) Bauleitplanverfahren.

 

RF Exner bittet um Erläuterung der unterschiedlichen Einordnung von Wochenendhausgebieten und Campinggebieten. Durch Dipl.-Ing. Janssen wird dies anhand der bereits oben dargestellten Systematik erläutert. Danach ist einem förmlich festgesetzten Wochenendhausgebiet der Schutzanspruch eines reinen Wohngebietes und einem Campinggebiet der eines allgemeinen Wohngebietes zugeordnet.

 

RH Bekaan findet, dass nach seiner Auffassung dem Wohnen in allen Gebietskategorien der gleiche Schutzanspruch zugeordnet werden sollte. Letztlich seien überall Menschen das Schutzgut und diese gelte es gleich zu behandeln. Herr Wolke führt hierzu aus, dass die Gemeinde hinsichtlich des Umgangs mit den weichen Tabukriterien in der konkreten Bauleitplanung grundsätzlich eine derartige Gleichbehandlung zugrunde legen könne. Wie jetzt bereits mehrfach dargelegt, müsse diese Abwägung aber in einer begründeten und nachvollziehbaren Weise verlaufen und dürfe im Ergebnis nicht zu einer Verhinderungsplanung führen.

 

RH Erhardt gibt angesichts der möglichen Potenzialfläche in Husbäke ebenfalls zu bedenken, dass das benachbarte Vehnemoor bereits jetzt von avifaunistisch hoher Bedeutung sei. Dipl.-Ing. Ramsauer hebt hierzu noch einmal hervor, dass der Studie nur harte Tabukriterien und ein schlüssiges Konzept zu den weichen Tabukriterien zugrunde gelegt werden könne. Die Wertigkeit und damit die abschließende Geeignetheit der einzelnen Fläche müsse im nächsten Schritt erst noch untersucht werden, insbesondere durch faunistische Erhebungen. Ein hartes Tabukriterium wie z.B. konkret auf diese Fläche bezogene EU-Vogelschutzziele bestehe derzeit nicht. Daher müsse dieser Bereich in der Studie konsequenter Weise als Potenzialfläche erscheinen.

 

Zur Einordnung der heutigen Beratung in die Gesamtthematik stellt RH Heiderich-Willmer in seinen Ausführungen heraus, dass dem Ausschuss heute letztlich nur ein Kriterienkatalog zur Abstimmung vorgelegt worden ist. Es werde hiermit in keiner Weise eine Entscheidung darüber vorweggenommen, ob und auf welcher Fläche letztlich Windkraftanlagen errichtet werden dürfen. Mit dem Kriterienkatalog könne die Studie rechtssicher zum Abschluss gebracht werden. Dann können die Gremien auf Grundlage der Studie die Arbeit aufnehmen und sich inhaltlich mit der Bewertung der einzelnen Flächen auseinandersetzen. Daher seien die von RH Apitzsch aufgeworfenen Fragen zu diesem Zeitpunkt falsch platziert.

 

Von RH Lüers werden diese Ausführungen unterstützt. Da die Studie die Grundlage für die gesamte weitere Bearbeitung dieser Thematik darstelle, müsse aus seiner Sicht durch die Anpassung des Kriterienkatalogs die nötige Rechtssicherheit gewährleistet werden.

 

Auf den Einwurf RH Apitzschs, dass die zukünftige Bedeutung des Vehnemoores in der Planung Berücksichtigung finden müsse, verweist Herr Wolke nochmals auf die Anforderungen an die gemeindliche Planung zu dieser Thematik, die sich nach Abschluss der Studie anschließen muss. In diese Flächenbewertung könne die Gemeinde die von RH Apitzsch angesprochenen Aspekte einstellen. Einem von der Gemeinde entwickelten Abstufungssystem müsse aber eine saubere und nachvollziehbare Systematik zugrunde liegen. Reine Vermutungen über eine mögliche ökologische Wertigkeit von Flächen in der Zukunft reichen dazu nicht aus.

 

Von RH Apitzsch wird abschließend hinterfragt, inwieweit bei der Planung von Flächen für die Windkraft der Aspekt des Abtransportes des Stromes zu berücksichtigen sei. Herr Wolke führt hierzu aus, dass dies auf Zulassungsebene (d.h. im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens für die jeweilige Windkraftanlage) zu prüfen sei, da für jedes Vorhaben die gesicherte Erschließung nachgewiesen werden müsse.

 

Dipl.-Ing. Ramsauer fasst abschließend anhand des Kartenmaterials als Zwischenergebnis der Studie zusammen, dass sich für Edewecht voraussichtlich vier Potenzialflächen herauskristallisieren, die im weiteren Verfahren besonders zu betrachten sein werden.

 

Nachdem von der Verwaltung auf Bitte von RH Lüers die Zusendung der Karten mit dem vorläufigen Bearbeitungsstand an die Fraktionen zugesagt worden ist, unterbreitet der Ausschuss dem Verwaltungsausschuss folgenden